• videoimpressionen ©Klaus Dilger_TANZWEB_Pina Bausch_Masurca Fogo_Julie Shanahan, Rainer Behr, Daphnis Kokkinos, Michael Strecker

Videoimpressionen von „Masurca Fogo“ von Pina Bausch – aus dem Jahr 1998, im Opernhaus Wuppertal

 

unsere Videoimpressionen von „Masurca Fogo“ von Pina Bausch ergänzen wir um die Nachtkritik von Melanie Suchy

Jaaaa, am Ende überschwemmt der Kitsch die Bühne des Opernhauses. Ein Popsong der frühen 1970er seift das Herz ein, „All I Need is the Air That I Breathe (to Love You)“, der singt von love und peace, während unmäßig riesige Blumen per Filmprojektion in Zeitraffer aufblühen, eine, noch eine, noch eine, ein endloses Werden, Wachsen, Entfalten in Schönheit, also Luft. Das ist so gigantisch, die visuelle Sinnlichkeit so aufdringlich, dass es, um  Kunst zu sein, einen doppelten Boden haben muss. Es ist das Sterben. Während nämlich die Videoblüten nie verdorren, liegen auf der Bühne die Tänzer, reglos geworden. Wie müde getanzt oder wie tot. Hinter ihnen füllt immer noch schwarz und schlammförmig dicke Lava den Raum. Die ist gefährlich, wenn sie glüht und aus Vulkanen quillt, aber wird bester Boden für Gewächse, ob geträumt oder aus Samen entsprungen.

Dieses eigenartige Bühnenbild von Peter Pabst scheint ein erstarrtes Strömen darzustellen, das entweder in einen sauber weißen, musealen Raum eingedrungen ist oder von ihm domestiziert wird: flüssig gewordenes Gestein aus dem Innern der Erde. Diese Idee, die Hitze aufzutreiben und herauszutreiben, diese Lustfeuerchen der Menschen, und immer auch zu zeigen, auf welche Weise diese eingehegt werden oder erstarren und erkalten, sie grundiert vielleicht „Masurca Fogo“. Das Stück selber bleibt auf dem Boden damals bewährter inszenatorischer Mittel, es strengt sich nicht an, besonders zu beeindrucken. Dieser leise immanente Zweifel am Was-Wie-Wohin macht es sympathisch. Ein schönes Wiedersehen.

Farbexplosionen     

Auffällig sind jene Videos, die ebenfalls Peter Pabst ausgesucht hat und die manchmal auf eine heruntergelassene Leinwand, doch meist auf die gesamte Bühne projiziert werden: Sie überschwemmen sie mit leuchtendem Gelb, Rot, Grün, Blau, Braun. Sie verdunkeln, sie stören, sie stehen für den faszinierten Blick aufs Exotische, den man kritisieren kann, der sich hier aber auch selber in Frage stellt, indem eben nicht allzuleicht konsumierbare hübsche Häppchen präsentiert werden. Die Filme zeigen eine kleine Band auf den Capverden, namenlose Gesichter, Reisende in einer Bahn, vorübereilende Landschaft, Flamingobeine, einen Vogelschwarm am Himmel, gegen Ende das Meer, tosende Wogen. Wie zu Beginn die handgemachte Musik aus dem Film tatsächlich zu hören ist, bis sie ausgeblendet und abgelöst wird von vielerlei schönen Konservenaufnahmen (Fado, Jazz, Tango, Schubiduh, viel Moll), kehrt diese direkte Verbindung von Bild zu Bühne am Ende zurück mit Meeresrauschen und Möwenrufen. Und der Lavahaufen wird inmitten des bewegten Wassers zur Insel.

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©Klaus Dilger_TANZWEB_Pina Bausch_Masurca Fogo_Julie Shanahan, Rainer Behr, Daphnis Kokkinos, Michael Strecker

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Von |2018-04-01T15:59:16+01:0030. März, 2018|

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