Wenn Nijinksy heute leben würde, dann wäre er ein urbaner Tänzer geworden: virtuos, mit fetten moves und sexy… CHUTE LIBRE aus Frankreich mit ihrer Version von „Sacre“

©Stephane Tasse

 

von Lisa Reinheimer

(aus dem Niederländischen übersetzt)

 

Wenn Nijinksy heute leben würde, dann wäre er ein urbaner Tänzer geworden: virtuos, mit fetten moves und sexy. Die französische Compagnie „Chute Libre“ (Freier Fall) zollt nun dessen damaligem Skandalstück „Le Sacre du Printemps“ ihren Tribut.

Ein sanft vibrierender Beat, verführerisch pfeifende Vögel. Der Klang des Frühlings. Die Tänzer bereiten sich auf ihren gemeinsamen Auftritt vor. Ein Tisch steht in der Mitte bereit, Stühle um die Spielfläche herum, die mit Lampen auf Stativen vollgestellt ist.  Zwei Tänzer kommen von den Tribünen herunter und fangen an, die Lampen zu verschieben.

Dann ist alles bereit zum grossen Abtasten und Verführen.

Das ist ein Gefühl, als würdest Du auf eine Party gehen und bist viel zu früh dran. Das ist Phase, in der jeder noch seinen Platz finden muss und seine beste Pose und das dauert eine Weile, denn, wer sich zuerst bewegt verliert, weshalb es dann auch ewig dauert, bis es wirklich los geht.

Ganz anders bei diesen Tänzern. Wenn diese Gruppe loslegt, dann wird deren Potenzial deutlich.  Besonders das Solo-Solo der Tänzerin in Grün ist bezaubernd. Fliessend und elastisch wechselnd sich  Zwei- und Dreidimensionalität. Ihr ganzer Körper grooved in demselben Fluss. Die Scheinwerfer auf den Stativen beleuchten sie.

Die auf Hieroglyphen aufgebauten Bewegungen von Nijinksy’s „Sacre“ passen erstaunlich gut in das Urban-Vokabular und so werden wir ständig an Nijnisky, an die (Tanz-) Geschichte, an die Zyklen der Jahreszeiten und an das Unbehagen der Heranwachsenden erinnert.

Erwarte nicht das große Opfer, sondern die Ekstase. Aber hier die Ekstase des Clubs am Ende eines langen Abends. Nijinsky hätte den Club geliebt, denke ich.