DAS TAL UND SEIN WUNDER

WUNDERTAL?

GESUCHT: DER HYBRIDE TANZ-MOTOR – Ein vielleicht überraschend polarisierendes Fazit zu neun Tagen „Wundertal“ wenn man es auf den Kern der Erwartungen an die Aufgaben des neuen Intendanten fokusiert – geworden ist es ein Festival von, mit und für Boris Charmatz

Wenn wir Boris Charmatz und sein label [terrain] isoliert betrachten, dürfte die WUNDERTAL-Woche ein voller Erfolg für ihn, den neuen Intendanten des Wuppertaler Tanztheaters, gewesen sein. Ein Blick auf die Gestaltung des Programms und das dazugehörige Programmheft zeigen, dass genau dies das Ziel der gesamten neuntägigen Veranstaltung gewesen sein dürfte: „…»Wundertal« ist der Versuch einer Landung.“, so Charmatz. Gemeint ist dabei seine eigene…

UNTER DER SCHWEBEBAHN

Am spektakulärsten gilt dies wohl für den Wochen-Auftakt: Das Wetter, der Ort, die Organisation waren perfekt für dieses farbenfrohe Spektakel unter der Wuppertaler Schwebebahn, mit den etwa 180 Teilnehmenden und zwischen geschätzten 4500 bis 6000 Zuschauenden, dabei nicht eingerechnet die vermutlich zahlreichen Menschen auf den verschiedenen Online-Portalen, wie TikTok, YouTube, Instagram, Twitter und so weiter. Auch das Medieninteresse war relativ gross, vielleicht auch deshalb, weil sich die Besucher, ebenso wie die nichtprofessionellen Teilnehmenden, erstmals einen solch direkten und nahen Kontakt mit den Tänzerinnen und Tänzern des weltberühmten Ensembles gewünscht und erhofft hatten und man meinte, dies dokumentieren und kommentieren zu müssen.

Folgt man | frau den Kommentaren auf den sozialen Medien, glaubten nicht wenige der Zuschauenden sogar, die noch niemals ein Werk von Pina Bausch gesehen hatten, es handle sich um ein Stück oder eine Produktion des Tanztheater Wuppertal Pina Bausch. Nachvollziehbar einerseits, denn angekündigt war das Spektakel als „Dreistündiger Tanzmarathon zu Orgelmusik – feierlich und fortissimo – , Countdown, entfesseltes Rennen, Liebes- und Protestbewegungen, Alltagsgesten, Zombietänze, verwoben mit Else Lasker-Schülers bekanntem Gedicht „Mein Tanzlied“ („So tanz ich schon seit tausend Jahr, Seit meiner ersten Ewigkeiten“), …im Anschluss Dancefloor mit DJ Electric Indigo“ (Dies alles unter der Rubrik „Stücke“ und „Tanztheater Wuppertal Pina Bausch“ – ohne Verweis auf „sea change“, wie das Konzept von Boris Charmatz hiess, als er es in Manchester als Auftragsarbeit mit lokalen Teilnehmenden erstmals umgesetzt hatte). Andererseits hätten die Kenner_innen des Tanztheater Wuppertal Pina Bausch sofort erkennen können, dass dieser Habitus und Usus der Superlative einen vollkommen neuen Ton darstellt, der nichts mit Pina Bausch gemein hat.

(wir berichteten: Portrait Charmatz und Wundertal)

Webseite-Pina-Bausch

Webseite-Pina-Bausch

TANZ ALS SELBSTERFAHRUNG

Dass es sich hierbei eher um ein sogenanntes „community“-Projekt, denn um ein „Kunst“-Projekt handelte, liegt vermutlich im Auge des Betrachters, wobei ersteres dem Workshop-Charakter des Entstehungsprozesses und dessen Aufgabenstellungen entspräche, die sich doch allesamt auch für diejenigen eignen sollten, die erstmals mit dem Tanz, oder besser der Bewegung, (auch) als Ausdrucks- und (gelegentliche Selbst)Darstellungsform in Berührung kamen. Allerdings hätte demjenigen oder denjenigen die enorme Verantwortung bewusst sein müssen, die mit eingangs genannten Aufgabenstellungen zur Darstellung einhergeht, wenn sie an Laien gegeben werden, die über kaum oder keinerlei (schützende) Technik zum Ausdruck verfügen, wenn sie ihr Innerstes nach Aussen kehren sollen.

Wäre ein, vielleicht auch wilder, Tanz im Farbenrausch nicht vollkommen ausreichend gewesen als Aufgabenstellung, anstatt dies zu überfrachten mit Begriffen, die sich ohnedies nur gut in manchen Feuilletons oder bei Förderern lesen lassen?

Ihre Begeisterung für diese Erfahrung haben die Teilnehmenden dennoch vielfach zum Ausdruck gebracht. Dieser ganz persönliche Gewinn des gemeinsamen „gestalten und feiern“ in der Öffentlichkeit durch und mit Tanz, trifft und traf (leider) unvermeidbar auf die beinahe unkontrollierbaren technischen Kommunikationsmöglichkeiten unserer Zeit. Und so manch Teilnehmende(r) dürfte sehr unliebsam mit den Auswirkungen des modernen Voyeurismus und der Häme konfrontiert worden sein, die manche „Gaffer“ provozieren wollten. Dass sich hierbei sogar Politiker, bis hin zu Bundestagsabgeordneten, als solche outeten, lässt nichts Gutes für die, ohne Not auf Ende 2025 vertagte, endgültige Entscheidung für den Bau des erhofften Pina Bausch Zentrums, erahnen.

WUNDERTAL-Boris-Charmatz©TANZweb.org_Klaus-Dilge

WUNDERTAL-Boris-Charmatz©TANZweb.org_Klaus-Dilge

NICHT NEU ABER BISHER AUS FREIEM WILLEN

Auch wenn es bereits zur langjährigen Praxis des Tanztheater Wuppertal Pina Bausch und einzelnen seiner Tänzerinnen und Tänzer gehört, mit Laien aller Altersstufen zu arbeiten, ihnen Tanztheater zu vermitteln und mit ihnen Stücke zu entwickeln, die zur Aufführung gekommen sind. Oder Arbeiten, die im Rahmen der Serie „UNDERGROUND“, für Orte auch ausserhalb des Theaterraums erforscht und gezeigt wurden. All dies geschah bisher jedoch stets aus eigenem und freiem Willen heraus.

MUSS DAS KIND MAL AN DIE FRISCHE LUFT?

Für Charmatz gehört das Verlassen des geschützten Raums zum Konzept. Dies hat er bereits bei seiner Antritts-Pressekonferenz deutlich gemacht und hierfür wurde er vermutlich auch von denjenigen geholt, die seinen Achtjahres-Vertrag als Intendant und Künstlerischen Leiter unterzeichnet haben. „Dancing in the Rain“ unter freiem Himmel und auf Strassen, Plätzen und auch Kathedralen. Auf Wiese, Sand, Asphalt und Stein…

Problem dabei nur:

Das haben und hätten sich die Tänzerinnen und Tänzer des Tanztheater Wuppertal, die teilweise ihr Leben lang hart trainiert und gearbeitet haben, um eines Tages mit Pina Bausch zu arbeiten, oder, nach Pina’s Tod, das einzigartige Repertoire der Ikone des Tanztheaters zu tanzen, vermutlich und sicherlich auch mehrheitlich so nicht ausgesucht.

Mehr noch: ganz augenscheinlich lassen sich die Bedingungen und Voraussetzungen für die ehrliche, authentische Verkörperung und Interpretation der Pina Bausch Werke, wie das ebenfalls im Rahmen der „Wunderwoche“ gezeigte PALERMO PALERMO, zumindest auf höchstem Niveau,  so NOCH? NICHT mit den Ideen und Konzepten des neuen künstlerischen Leiters und den daraus resultierenden Bedingungen und Voraussetzungen harmonisieren. (Siehe unseren Artikel zu PALERMO PALERMO)

PALERMO-PALERMO_Pina-Bausch©TANZweb.org_Klaus-Dilge

PALERMO-PALERMO_Pina-Bausch©TANZweb.org_Klaus-Dilge

AHNEN ahnen

Dass die AHNEN dies schon geahnt haben würden, schwante wohl auch den Besucherinnen und Besuchern der gleichnamigen Filmaufführung der Pina Bausch Foundation aus dem Jahr 1987, andern Tages im Wuppertaler CINEMA. Pina Bausch’s NO BUDGET Film, in dem sie nicht mehr und nicht weniger zeigen wollte, als das was sie interessiert, stellte den zweiten Beitrag zum „Wundertal“ dar, mit anschliessender Gesprächs- und Fragerunde mit langjährigen Begleiterinnen und Begleitern, die unter anderen auch in diesem Filmessay zu sehen waren: Bénédicte Billiet, Jean-Laurent Sasportes und Julie-Anne Stanzak.

SOMNOLE und PALERMO PALERMO

als weitere Beiträge des Mini-Festivals, haben wir in eigenen Artikeln ausführlich besprochen. Durch das anklicken der Titel gelangt der Leser auf die dazugehörigen Beiträge.

A Dancers Day©Ursula Kaufmann

A Dancers Day©Ursula Kaufmann

A DANCER’S DAY

Boris Charmatz wurde in Berlin 2017 von mehreren prominenten Medien gelegentlich „Weltmeister der Selbstvermarktung“ genannt, als er für Chris Dercon die bekanntlich fulminant gescheiterte Volksbühnen Intendanz, mit dazugehörigem Finanzdesaster, tänzerisch auf dem Tempelhofer Flughafen, der damals auserkorene Sateliten-Spielstätte der Volksbühne, in Schwung bringen sollte.  Auch dort präsentierte er (oder das Marketing der Volksbühne) „einzigartige“ Formate, die er bereits längst zuvor andernorts entwickelte und die dort stattgefunden hatten.

Auch A DANCER’S DAY gehört zu diesem „Aufwärm-Repertoire“ des sympathisch wirkenden Franzosen, hier sogar wörtlich zu nehmen, mit dem er Tanz affinen Menschen suggeriert, sie seien für einen ganzen Tag ins Leben eines professionellen Tänzers oder einer Tänzerin geschlüpft oder hätten zumindest hautnah daran teilhaben können. Und hier in Wuppertal darf dies auch mit Hilfe einiger Compagnie-Mitglieder glaubhaft gemacht werden, die daran teilnehmen und diesen mit durchführen, als Teil ihres eigenen Beschäftigungsverhältnisses.

Das klingt jetzt ungewollt negativ, denn auch diese Illusion kann ja für diejenigen, die daran teilhaben beglückend sein und das ist in der Tanzvermittlung ja auch bereits ein Erfolg.

A Dancers Day©Ursula Kaufmann

A Dancers Day©Ursula Kaufmann

Charmatz mag es verschwenderisch, mag die totale Verausgabung als Prinzip seines Konzept-Tanzes, weiss um die Glückshormone, die dabei ausgeschüttet werden können. Das wirkt im Gegensatz zu den feinen und vielschichtig angelegten Tanzkunstwerken einer Pina Bausch oder Choreografen wie Ohad Naharin, um einen anderen Künstler der Tanz-Schöpfung zu nennen, die tiefere Schichten des Seins zu berühren vermögen, eindimensional und grob und in ihrer Vorhersehbarkeit oft langweilig.

ÜBERRASCHEND UNSENSIBEL

Dabei klingen die Worte von Boris Charmatz aus dem Programmheft alles andere als grob oder langweilig. Der Tänzer Charmatz weiss wovon er spricht. Eher behutsam, feinfühlig und als eine Hommage klingen seine Worte im Programmheft: „…die Minuten nach einer Show – das sind ganz außergewöhnliche Momente. Der Fokus liegt auf der Bühne, das ist richtig und wichtig, aber das Vorher und Nachher haben auch eine Magie. …“ Gemeint sein müssten die Künstlerinnen und Künstler, die zum beinahe Abschluss des DANCER’S DAY gerade noch in PALERMO PALERMO auf der Bühne standen.

Das klingt erstmal nach „nachhallen lassen“, innehalten, Stille…

Wie leicht und nachhaltig hätte Charmatz die zuschauenden Besucher und die Teilnehmenden des DANCER’S DAY vor dem Opernhaus mit einer solch  einzigartigen Geste der stillen Verbindung zu den Kolleg_innen, berühren und gewinnen können…

Stattdessen: SOFORT und SCHNELL bevor die Leute weggehen – EVENT! – Chance vertan…

Bolero_Odile-Duboc©Ursula-Kaufmann

Bolero_Odile-Duboc©Ursula-Kaufmann

IRRTUM

Manchmal ist man geneigt zu viel des Guten in einer Dramaturgie oder Geste zu sehen, wie in dem Abschluss der beiden voll besetzten DANCER’S DAY Tage, die den Teilnehmenden offensichtlich viel Freude bereitet hatten.

Zur Erinnerung oder auch zur Information: Als Pina Bausch im Jahr 2009 verstarb, folgte kurz darauf Merce Cunningham und auch Odile Duboc starb kurze Zeit später.

Sie schuf 1996 das Werk „Trois Boléros“, von denen, laut Duboc’s Vermächtnis, nur der zweite Teil, BOLERO 2, den sie für und mit Boris Charmatz und Emmanuelle Huynh geschaffen hatte, noch aufgeführt werden darf.

Genau dieses Stück wurde nun im Anschluss an das Bausch Stück, von Emmanuelle Huynh und Boris Charmatz zu Ravels berühmter treibender Komposition, in der Einspielung des RAI Symphonic Orchestra (Milano) unter Leitung von Sergiu Celibidache, vor dem Wuppertaler Opernhaus getanzt.

In diesem schwebenden, langsamen und beinahe zum skulpturalen Stillstand kommenden Duo, das sich mit aller Kraft gegen den treibenden Duktus der Zeit stemmt, suchen sich zwei Körper, die sich wie magnetisch voneinander angezogen fühlten, dabei legen sie alle denkbaren Variationen der Berührung offen.

Nachdem die beiden Tänzer das Stück seit 1996 mehrere Jahre lang im Original aufgeführt hatten, präsentierten Boris Charmatz und Emmanuelle Huynh bei der Eröffnung des Musée de la danse, ebenfalls im Jahr 2009(!) eine verlangsamte Version des Bolero 2 und nannten sie „étrangler le temps“ (die Zeit erdrosseln).

Teilweise als Hommage an Odile Duboc, aber auch als autobiografische Geste, die diesem Duo, das eng am Original bleibt, Spuren ihrer eigenen Arbeit einpflanzt, bildet „étrangler le temps“ so eine Trennlinie zwischen zwei Epochen: eine Konzentration der Zeit…

Zwischen „étrangler le temps“ und seiner ursprünglichen Version findet ein Dialog statt, der Fragen der Interpretation, des Archivs und der Übertragung aufwirft. Innerhalb dieser Erweiterung, deren Erforschung Odile Duboc ihr Leben gewidmet hat, wird eine andere Geschichte des Tanzes geschrieben, und zwar von den sich bewegenden Körpern, die ihn geschaffen haben und ihn weiterführen.*

Auch wenn Huynh und Charmatz an diesen beiden Abenden Duboc’s Original „Boléro 2“ getanzt haben, liegt es nahe, dieses Zeichen in die Zukunft, in die Zeit die kommt, zu verlängern…

Was für eine unglaublich starke Geste und Aussage, die sich mit dem augenscheinlichen Kern der Aufgabe des neuen Intendanten auseinandersetzt! – Könnte man glauben. Doch dem ist leider nicht so

Bolero_Odile-Duboc©Ursula-Kaufmann

Bolero_Odile-Duboc©Ursula-Kaufmann

DÉJÀ VUE?

Charmatz hat für Wuppertals „WUNDERTAL“ die gleiche Zusammenstellung gewählt wie 2017 auf dem Tempelhofer Feld, als er, ebenfalls zum Abschluss des DANCER’S DAY, dieses Duo mit Emmanuelle Huynh getanzt hatte.

Die Erfindung:

„WUPPERTAL IST DAS NEUE BERLIN“

gab es in 2017 noch nicht. Ob sich Boris Charmatz gerne an Berlin erinnert, ist ungewiss, denn das Berliner Intermezzo war kurz und nicht von Glück begleitet. Hauptgrund des Scheitern, das natürlich in erster Linie Chris Dercon zu verantworten hatte aber in der Konsequenz alle betraf, war die damalige Auflösung des kompletten Ensembles der Volksbühne Berlin beim und durch den Intendantenwechsel.

Geschichte hat die Tendenz sich zu wiederholen, wenn man nicht dagegen steuert.

SOMNOLE_Boris Charmatz@TANZweb.org_Klaus Dilger

SOMNOLE_Boris Charmatz@TANZweb.org_Klaus Dilger

DARAN ZU ARBEITEN BEDARF ES DES DIALOGS

Auch wenn diese neun Tage „Wundertal“ für Boris Charmatz und sein label [terrain] ein grosser Erfolg gewesen sein mögen, der Lösung seiner eigentlichen Aufgabe, die er selbst als „HYBRID“ bezeichnet hat, ist der neue Intendant und Künstlerische Leiter keinen Millimeter näher gekommen, eher im Gegenteil:

Der vermutlich neu gewonnene (eventuell auch nur vorübergehende) Rückhalt könnte Charmatz dazu verleiten, sich in einer stärkeren Position zu wähnen als zuvor, das könnte ihn kompromissloser bei der Führung in die Zukunft des Tanztheater Wuppertal Pina Bausch und dem Umgang mit dem bisherigen Ensemble machen und blind dafür, dass er in Wahrheit eigentlich zwei Ensembles braucht: eines für seine eigenen Arbeiten, wenn er sie denn so weiterentwickeln will wie bisher und eines, wenn er die einmalige Qualität der Aufführungen der Werke Pina Bausch’s erhalten und pflegen und weiterentwickeln will.

Charmatz braucht für seine bisherigen Arbeiten, die häufig auf den mehrmals genannten Konzepten und Prinzipien der Masse, der Verausgabung, der Auflösung tradierter Theaterorte, hin zu genannten öffentlichen Plätzen und Strukturen, ja auch gelegentlich des Groben und der poetischen Behauptung, der Wiederholung bis zur Auflösung der Gesten und Bewegungen basieren, Ansätze, die alle ihre Berechtigung haben und für manche, vielleicht sogar Viele, interessant sein mögen, keine oder andere Performer_innen als die, wie sie die Stücke Pina Bausch’s bedürfen, bezüglich deren Güte und den entsprechenden Qualitäten.

Beides in absehbarer Zeit zu harmonisieren scheint schwer bis unmöglich zu sein. Sollte eine Lösung nicht gelingen, wird sich entweder das Werk der Tanztheater Ikone drastisch verändern, oder, auf dem Niveau der Beiläufigkeit, als eine Kopie von vielen Kopien, auf die Bühnen gebracht werden, mit einem Ensemble, das dann die Sprache Pina Bausch’s nicht mehr als „Muttersprache“ spricht und  sich so dann nicht mehr vom Gros der Compagnien unterscheidet. Weshalb die Welt dann noch das Wuppertaler Ensemble, anstatt die Pariser Oper, das Bayrische oder Berliner Staatsballett, in Wuppertal oder sonst wo auf der Welt mit Bausch’s Repertoire sehen wollen würde, mag sich jeder selbst beantworten.

Charmatz wird, wenn er ehrlich und selbstkritisch auf seine bisherige Arbeit und seine Mitstreiter_innen zurückblickt, erkennen und akzeptieren müssen, dass sich nicht jede(r) der Künstler_innen des gegenwärtigen Ensembles in dieser Art von Stücken, wie er sie macht, künstlerisch und tänzerisch wiederfindet, sich vielleicht sogar unterfordert oder auch physisch überfordert fühlen könnte.

Diese Ausgangssituation ist und wird nur im offenen Dialog zu lösen sein, zeitnah, ehe sie sich zu einem vorhersehbaren Konflikt entwickelt.

Palermo Palermo Ein Stück von Pina Bausch In Koproduktion mit dem Teatro Biondo Stabile, Palermo und Andres Neumann International Inszenierung und Choreographie Pina Bausch Bühne Peter Pabst Kostüme Marion Cito Musikalische Mitarbeit Matthias Burkert Dauer 2h 45min Musik Edvard Grieg, Niccolo Paganini, Musik aus Süditalien, Afrika, Japan und Schottland, Renaissancemusik, Blues und Jazz aus Amerika... Uraufführung 17. Dezember 1989, Opernhaus Wuppertal

Palermo Palermo_Andrey Berezin©Meyers Originals
Ein Stück von Pina Bausch