VINTAGE Tanz
In familiärer Umgebung…
Annika KompArt’s Community Projekt als Performance in Wuppertal aufgeführt
gesehen hat das Klaus Dilger
„VINTAGE Tanz“ von Annika KompArt, das nun in Wuppertal seine erste öffentliche Präsentation erfuhr, zeigt mittels mehrerer Videoprojektionen, die die Wände des kleinen Proben-Studios am Hofkamp 185, gegenüber der Schwebebahnstation „Landgericht“, bespielen, die Aufnahmen dessen, was die sympathische Tänzerin in Wochen und Monaten an Ergebnissen zusammengetragen hat: In einem Quadrat mit eineinhalb Metern Kantenlänge, beantworteten Laien, Amateure, Liebhaber des Tanzes aller Altersschichten, bis hin zu professionellen Tänzerinnen und Tänzern die Frage, „Was ist für Dich Tanz?“ Und dies allein mittels der ihnen eigenen Bewegungssprache und körperlichen Fähigkeiten. Ebenso vielfältig wie die Teilnehmenden ist das Entstandene, von tief bis oberflächlich, von ernst bis heiter, von profan bis religiös, von Freude bis zur Selbstdarstellung.
Der rote Faden…
KompArt hat mit Arian Stettler die entstandenen Aufnahmen, unterschiedlicher Qualität, geschnitten, bearbeitet, arrangiert und mit einem sehr (sehr sehr) diversen Musikmix unterlegt und beide haben mit Tina Hermann, Jonas Müller, Àslaug Magnúsdóttir die Präsentation entwickelt und Samantha Shay als “künstlerische Mentorin” hinzugeholt.
KompArt hat manche der Tänze gelernt und übernommen und bewegt sich oft analog, teils begleitend, teils kontrastierend, im Licht der Projektionen. Im letzten Drittel der knapp fünfundvierzig Minuten dauernden Präsentation, holt sie immer wieder für kurze Sequenzen Tanzpartnerinnen aus dem, wenig mehr als ein Dutzend zählenden, Zuschauerrund* auf die kleine Szenenfläche, um mit ihnen ein paar Schritte gemeinsam zu tanzen. (*mehr Plätze standen nicht zur Verfügung)
Als Performance fehlt es der Präsentation ein wenig an Dramaturgie. Der angedachte “rote Faden”, bestehend aus dem Versuch der Auflösung zwischen Fiktion und Realität und der Erforschung von Aneignung, Copyrights und der Transformation von menschlicher Bewegung in künstlerischen Ausdruck ist so abstrakt wie hier uneingelöst geblieben. So bleiben allein die diversen „Tanzantworten“ und deren Darstellung und beides führt weder in das Labyrinth des Lebens noch das der Kunst, weder hinein noch heraus. Hierfür müsste KompArt den Projektionen etwas Eigenständiges, Neues gegenüberstellen, anstatt zu illustrieren. Auch wenn, leider sehr selten, eigentlich nur einmal, durch die multiplen Projektionen interessante Bilder entstehen, hier erscheinen sie leider zumeist als Effekt und (räumliche) Behauptung, was letztlich zur Ermüdung bis hin zur Langeweile führen kann.
Community Projekt
Dabei erinnert das Ganze stets ein wenig an eine „Wohnzimmer-Performance“, zu der Freunde geladen wurden.
Dass dies durchaus nicht per se als negativ betrachtet werden muss, dafür gibt es legendäre Beispiele, in New York ebenso wie in Moskau, Teheran und anderswo, wann und wo auch immer dies die beste oder einzige Möglichkeit gewesen sein mag, überhaupt „Kunst“ zu zeigen und zu teilen. Und Heute wieder wäre es in Teheran nur im Geheimen und nur vor einem kleinen Kreis Eingeweihter möglich, tanzende Frauen öffentlich zu präsentieren, ohne dafür zu riskieren, ins Gefängnis zu kommen.
Aber „VINTAGE Tanz“ ist in erster Linie kein Kunst-, sondern ein sogenanntes „community Projekt“ und in Wuppertal fehlt es höchstens eklatant an Bühnen, um Tanz-Kunst zu zeigen. Was in der Kunst unmittelbar zerstörerisch wäre, ist solchen Community-Projekten zu einem mehr oder minder grossen Teil immanent: der Wille und die Erlaubnis zur Selbstdarstellung, was weder die Freude noch den Wunsch zu teilen aller Beteiligten ausschliessen muss.
„Wundertal“ von Boris Charmatz in der Sonnborner Strasse war ein solches „Community Projekt“ und bald wird sich wohl auch in Wuppertal bei „Cercles“ von Charmatz wieder alles hierum kreisen.