Wohnzimmerdisko
„All in One“ lässt im Societaetstheater Dresden die Wände wackeln
Feed Your Head Collective und JuWie Dance Company veranstalten einen harmlosen Trip durchs All, der Spaß macht und viel für Auge und Ohr bietet. – Am 24. und 25.September in Bonn in der Brotfabrik.
Nachtkritik von Rico Stehfest
In Neonfarben stellen wir uns offenbar noch immer die galaktische Zukunft vor. Oder zumindest tun das Swantje Silber und Tom Schellmann, die hier das Kostümbild übernommen haben. Für „All in One“ stecken sie die Performer und die Live-Musiker in eng anliegende Trikots, bisschen irisierenden Lidschatten dazu, und losgehen kann die Reise in den Orbit, natürlich mit jeder Menge Bühnennebel.
Dass dieser Tripp ziemlich entspannt abläuft, kann man schon im Vorfeld sagen. Die Musikerin und Performerin Angie Taylor bildet gemeinsam mit dem Tänzer Tobias Weikamp das Feed Your Head Collective. Für die Tanzwerke Vanek Preuß haben sie auch schon gemeinsam auf der Bühne der Brotfabrik in Bonn gestanden („Hic sunt Leones“). Aus dieser Richtung kommt hier auch die Dramaturgie, für die Guido Preuß die Finger im Spiel hat. Und mit der Dresdner Tänzerin Jule Oeft hat Tobias Weikamp auch schon einiges verzapft. Sehr schön beispielsweise die gemeinsame Arbeit „Addiction to …“.
Auch Benjamin Rottluff hat seine musikalischen Fingerfertigkeiten schon in gemeinsamen Arbeiten mit Jule Oeft bewiesen. Hier drückt er also gemeinsam mit Angie Taylor die vielen bunt leuchtenden Knöpfe und sorgt damit gemeinsam mit ihr für einen satten Sound, der ordentlich die Wände der kleinen Bühne im Societaetstheater Dresden vibrieren lässt. Zwischendurch führen sie sich immer mal wieder auf wie zwei Wesen, die mit Neugier einer anderen, unbekannten Spezies gegenübertreten: Sie bestaunen und beobachten Jule Oeft und Tobias Weikamp, die fröhlich durchs All tanzen. Welten, die einander begegnen. Zum einen wirkt das für das Publikum so unmittelbar wie eine Wohnzimmerdisko, weil der komplett abgehangene Raum kleiner wirkt, als er ist. Und dank eines pfiffigen Lichtdesigns (Jasper Gathen) verschieben sich die Dimensionen auch noch aus dem Gefüge der Rechtwinkligkeit. Das macht Laune. Immer fröhlich im Kreis herum.
Natürlich kommt bisschen was Roboterhaftes in die Bewegungen, der Trip ist entspannt, irgendwann gerinnen die Beats zu warmem Samt im Ohr. Reduziertes Licht schafft den Verfremdungseffekt. Ist das das vielbeschworene Unbekannte? Das Licht flackert, die Blitze zucken. Alles eckig und kantig. Unzählige Sci-Fi-Klassiker haben es genau so vorgemacht. Anders formuliert: Das ist alles ganz nett, aber nichts überrascht hier. Direkt emotional wird’s jedenfalls nicht. Auch, wenn sich der Einzelne schutzsuchend in die Gruppe zu schmiegen sucht, so richtig allein scheinen wir uns da draußen gar nicht zu fühlen. Immerhin gönnt sich Tobias Weikamp gegen Ende noch ein souveränes, knackiges Solo, in dem er mal wieder zeigen kann, wo der Barthel den Most holt. Lohnt sich.
Die ganze Chose ist eine harmlose Sache, bei der man allen Beteiligten den Spaß deutlich ansieht. Passt schon. Man kann sich ja auch einfach mal einen hübschen Abend machen. Per Eintrittskarte durch die Galaxie, sozusagen. Wer sich fragt, wie das in der Brotfabrik Bonn wirkt, kann das in den nächsten Tagen rausfinden.