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AtomHeartMother“ von bodytalk und der japanischen Performance-Gruppe Futome

Fukushima für Touristen

bodytalk: Sie sind laut, sie sind frech, drastisch und feinsinnig zugleich und verfügen über eine gehörige Portion Humor…

Kurze Nachtkritik on KLAUS KEIL

Mit ihrem neuen Stück „AtomHeartMother“ treffen die Stadtstreicher von bodytalk wieder einmal treffsicher ins Schwarze. Diesmal sind sie unterwegs in der Heimat ihrer Choreografin, der Tänzerin Yoshiko Waki, und das ausgerechnet in Fukushima, das mit seinem Super-GAU selbst Tschernobyl (trotz aller Unterschiede) in den Schatten stellt. Und getreu ihrer künstlerischen Devise inhaltlicher Authentizität haben sie ihre Kerntruppe wiederum verstärkt, diesmal um die japanische Performance-Gruppe Futome, deren Tänzerinnen, Tänzer und Performer diese Authentizität passgenau in das Stück einbringen („Fukushima ist Krebs“).


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Zwar wird kaum einer im Publikum die japanische Begrüßung und die japanischen Song-Texte verstanden haben, doch als echte Performance-Freaks bringen sie deren Inhalte auch gestisch und szenisch verständlich rüber. Bodytalk und Futome ergänzen sich auf der Bühne großartig, es scheint als wären beide aus dem gleichen Holz geschnitzt. Sie sind laut, sie sind frech, drastisch und feinsinnig zugleich und verfügen über eine gehörige Portion Humor. Etwa wenn sich zwei dralle Tänzerinnen wie Sumoringer gebärden und synchron auf den Boden stampfen. Nuklear aufgeladen werfen sie sich wild ins Thema und immer wieder auch auf den Boden, dessen Anziehungskraft sie nicht widerstehen können.

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Kulturell korrekt – oder vielleicht doch ein bißchen karikierend – verbeugen sie sich danach höflich. Dann wieder servieren sie japanische Spezialitäten, frisch aus Fukushima (!). Und auch ein Querschläger auf die aktuelle politische Lage fehlt nicht. „Ich bin auch ein Flüchtling“ sagt einer, „aber Fukushima gilt als sicheres Herkunfts-land“. Diese Melange von Tanz, Performance, Songs und szenischem Spiel wird begleitet von krachendem Hard Rock von Carlos Alberto Szappanos und Lukas Zerbst am Schlagzeug, der auch für eine Live-Schaltung nach Fukushima inklusive Licht-Transfer von dort (!) direkt auf die Bühne in der TanzFaktur in Köln-Deutz sorgt. Über den phänomenalen Lichttunnel von Lukas Zerbst ist morgen mehr in der ausführlichen Besprechung zu lesen.


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Der Besuch von „AtomHeartMother“ ist schon deshalb dringend empfohlen, da es gewissermaßen die Abschiedsvorstellung der Compagnie bodytalk in Köln ist. Die Truppe wechselt nach Münster, wo unter besseren Bedingungen produziert wird. Auch darüber mehr in der morgigen Besprechung.
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Weitere Vorstellungen: Samstag, 25.06. um 20 Uhr und Sonntag 26.06. – 18 Uhr TanzFaktur Deutz