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Monadisches Duett
Uraufführung „WATERredSKY“ von und mit Nathalie Larquet und Liat Waysbort
im Theater im Ballsaal Bonn
von Elisabeth Einecke-Klövekorn

„Women among the Horses“ hieß eine abendfüllende Tanzproduktion der in Köln lebenden Französin Nathalie Larquet. In ihrem preisgekrönten Kurzfilm „Rehorsals“ hat sie sich mit Bewegungsabläufen von Menschen und Pferden beschäftigt. Persönliche Erfahrungen und Erinnerungen spielen hinein in die neue Performance „WATERredSKY“, die sie zusammen mit der überwiegend in den Niederlanden arbeitenden Israelin Liat Waysbort kreiert hat.Mit der Uraufführung dieses Stücks begann am 18. Juni im Theater im Ballsaal die Bonner Serie der Vorstellungen des neuen Köln-Bonner Festivals „Flow Dance“.

Zwei Frauen tauchen ein in den Fluss ihrer Biographien. Es ist eine Folge von Momenten, die wie Gedankensplitter aufleuchten.  Sie zeigen die inneren Spuren, die die Zeit ihren Körpern eingeschrieben hat. Jede für sich erobert den Raum und öffnet ihn und sich selbst für fremde Wahrnehmungen. Sie sind wie Monaden lebendige Spiegel ihrer Umgebung und gleichzeitig selbstreflexiv angewiesen auf die Perzeption ihrer eigenen Empfindungen.

Zwei Frauen also, zwei bewegte Lebensläufe zwischen Metropolen- Hektik und Natursehnsucht.  Fragmentierte Videos im Hintergrund zeigen eine gespenstisch umwölkte  Monumentalarchitektur und Pferde in einer friedlichen Landschaft. Die Bilder erinnern an expressionistische Filme, in die sich eine weibliche Kunstfigur einmischt wie ein elektronisch erzeugter Showstar. Eisblond und blutlos unter der nächtlichen Lichtglocke heutiger Großstadtwüste. Sanft und grausam spielen die beiden Tänzerinnen in ihrer gemeinsamen Choreographie mit Identität und Differenz, mit der Widersprüchlichkeit von Selbstbildern und der Instrumentalisierung des Körpers. Die mit schwarzem Klebeband markierten Brüste erschienen bei Larquet als erotisches Signal, bei Waysbort wie eine rabiate Verweigerung weiblicher Rundungen. Aus Larquets verführerisch fließenden Tanzfiguren entwickelt sich plötzlich ein wütender Widerstand. Während Waysbort sich wie in fernen Kinderzeiten auf einem weißen Flausch-Teppich räkelt, stolpert Larquet in einer sehr komischen Szene auf grotesken Stöckelschuhen  als Pferdeflüsterin über die Bühne.

In jeder Bewegung versteckt sich hier ein Zweifel an ihrer Wahrheit, in jeder Position eine Negation. Die exzellenten Tänzerinnen beobachten sich stets selbst und gegenseitig, ohne sich  unmittelbar zu berühren. Sie hinterfragen in ihrem Experiment auch die Situation des Beobachtet-Seins.  Es ist ein intimes Solo-Duett zweier starker Individuen, getragen von einem gemeinsamen Energiefluss.  Die tänzerische Hochspannung  zwischen der imaginierten  Morgen- und Abendröte zweier Tanzbiographien entlud sich nach 45 Minuten in einer liebevollen Umarmung.

Noch einmal heute (19.6.) um 20.00 Uhr im Theater im Ballsaal.
Am 21.6. folgt dort um 19.00 Uhr „What’s left“ von Liat Waysbort.