Kölner Tanztheater Preis geht an:

Carla Jordão für „A UNIVERSAL WEAKNESS“

Laudatio Kölner Tanztheaterpreis 2019 – „A UNIVERSAL WEAKNESS“ von Jurymitglied Dr. Rita Kramp

Wer eine Arbeit der Choreographin Carla Jordão besucht, darf sicher sein: es wird getanzt. Und zwar bis in jede Faser des Körpers. Carla Jordão oszilliert in ihren Choreographien zwischen großem Gestus und kleinstem Zittern, zwischen verdichteter Konzentration und rascher Bewegungsfolge, zwischen dunkler Beklemmung und fröhlicher Leichtigkeit. Sie hat keine Angst vor der Inszenierung des Körpers, sie zeigt offensiv die vielseitigen Ausdrucksmöglichkeiten der tänzerischen Bewegung, die emotionalen Zugang zu intellektuellen Zuständen ermöglicht, die den Raum buchstäblich begreifbar macht, die ein Hörerlebnis von Musik, Sound, Geräuschen entstehen lässt, das zu Irritationen und Überraschungen führt. Sie zeigt den tanzenden Körper in einer Vielfalt von Facetten, die in Soli, Duos oder auch Gruppenchoreographien sowohl den konkreten Raum erfahrbar machen als auch zu einer Bilderwelt im Kopf des Zuschauers führen, die ihn noch lange begleiten.

TANZTHEATER-SK-Stiftung-Kultur©TANZweb.org_Klaus-Dilger

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Diese bewegte Bilderwelt entsteht durch eine profunde Auseinandersetzung mit KünstlerInnen aus der Bildenden Kunst und Musik. „A Universal Weakness“ ist – ähnlich wie die bereits vorherige Arbeit „needles needles“ eine Arbeit von Mary Bauermeister aufgreift – inspiriert von der Malerei des Künstlers Yue Minjun. Wir begegnen zwei Tänzern, die uns anlächeln. Erst freundlich, dann anbiedernd, erst aufmunternd, dann enervierend. Dabei verändert sich der Gesichtsausdruck der freundlichen jungen Herren jedoch nicht, die Mimik bleibt die gleiche bizarr lächelnde Schablone, ganz unabhängig von der tänzerischen körperlichen Bewegung. Der Zuschauer kann sich dieser Einladung nicht entziehen, er lacht: erst freundlich, dann erstaunt, irgendwann irritiert. Und die Frage: wieso lässt man sich dazu verführen? bleibt unbeantwortet. Am Ende sind nicht nur die Tänzer erleichtert, die lächelnde Mimik abzulegen. Die Anstrengung, dieses wie eingegrabene Lächeln über fast eine Stunde darzubieten, ist auch dem Zuschauer präsent.

TANZTHEATER-SK-Stiftung-Kultur©TANZweb.org_Klaus-Dilger

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„A universal weakness“ ist in kollaborativer Zusammenarbeit zwischen der Kölner Choreographin Carla Jordão und der Almada Dance Company (Portugal) entstanden. Hier in Köln ist sie seit 2017 Team-Mitglied des Choreographen-Netzwerkes Barnes Crossing. Ihre Biographie weist ihre Neugier aus: sie arbeitet häufig mit anderen Künstlerinnen zusammen, setzt sich mit fremden künstlerischen Positionen auseinander. Die aus Portugal stammende Künstlerin, die sich nach ihrem Studium in Lissabon und an der Folkwang Universität der Künste in Essen in Köln niedergelassen hat, ist eine Bereicherung der Kölner Tanzszene, in der und mit der sie eng zusammen arbeitet. Wir hoffen auf auch zukünftig günstige Arbeitsbedingungen für sie hier vor Ort, damit wir ihren Weg aus der Nähe verfolgen können. Ihre bisherigen Arbeiten machen neugierig auf weitere Entwicklungen, auf die wir uns heute bereits freuen.

TANZTHEATER-SK-Stiftung-Kultur©TANZweb.org_Klaus-Dilger

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