Tanzweb Köln – 30.11.2012 Nachtkritik von Nicole Strecker
„Zero Gravity Zone” von Felix Ruckert im Kunsthaus Rhenania
Alte Indianerweisheit: ‚Urteile nicht über einen anderen, bevor du nicht eine Meile in seinen Mokassins gelaufen bist‘ – und wer bei Felix Ruckert die ‚Mokassins‘ verweigert, hat nicht viel vom Abend. Es gilt also zur Erkundung seiner im Kunsthaus Rhenania eingerichteten „Zero Gravity Zone“ aus den Stiefeln zu schlüpfen und strumpfsockig zu erfahren, was es nach Meinung von Felix Ruckert & Compagnie heißt, schwerelos zu sein. Drei Verfahren werden angeboten, man darf sich entscheiden: Will man mittels Oberton und Chakren-Stimulation abheben, mittels japanischem Bondage oder durch von der Decke hängende Tücher, von denen man noch gemütlicher „eingewurstet“ wird als von einer Hängematte. Als Miniworkshop werden Oms, Knoten und Tuchturnübungen von den Performern gelehrt. In einer folgenden „Spielphase“ bleiben die Zuschauer weitgehend sich selbst überlassen, man darf üben oder pausieren, während die Profi-Ommer, -knoter und turner ihre Kunst präsentieren. Eine meditative Improvisation, die aber doch mehr nach Selbstverwirklichung aussieht und nur dann interessant wird, wenn der Bondage-Experte eine Tänzerin so kunstvoll und komplett fesselt, dass man fürchtet, nun könnten nur noch die bereitgelegten Messer helfen. Und so schien der Abend weniger dramaturgisch gestaltete Performance als PR-Maßnahme zu sein: In Berlin hat Felix Ruckert vor ein paar Jahren das Produktionszentrum „Schwelle 7“ gegründet, das mit Tanz-, Entspannungs- und BDSM-Workshops den Körper porentief und schamfrei erkundet. „Zero Gravity Zone“ gibt Kostproben aus diesem Programm als Selbsterfahrungs-Trip.
Anregend, ja, das schon. Und aufschlussreich – und sei es nur, um zu erfahren, dass man für manches dann doch nicht genug Masochist ist.