©Giulia Massignan

MIRA.Vier / wish
Wenn das Wünschen zur Obsession wird

Von Thomas Linden

Wünsche sind Projektionen, sie geben sich immateriell und können doch zähe Beständigkeit besitzen. Im Kunsthaus Rhenania in Köln wird ihnen Gestalt verliehen in Form von metallenen Wolkenskulpturen, die gefaltet und transparent wie feine Spitze wirken und doch feste gewebt sind. So leicht kann man die Ambivalenz der Wünsche verstehen, aber zumeist setzen sich dann doch ihre obsessiven Momente durch. Ganz so wie in der Geschichte vom „Fischer und seiner Frau“, deren Wünsche mit jeder Erfüllung noch weiter ins Unermessliche wuchsen. Die Künstlergruppe Mira stellt im Begleittext zu ihrer vierten Produktion „Wish“ die Frage nach der Manipulation der Wünsche.


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Von dort ist es zur allumfassenden Konsum- und Informationsgesellschaft nicht weit, aber innerhalb der Inszenierung spielt dieser Aspekt dann doch keine Rolle mehr. Man verrätselt statt dessen das Thema. Auf großen Screens werden schöne, klare Filmbilder gezeigt, in denen Emily Welther als eine Mischung aus Künstlerin und Wissenschaftlerin ein großes Maschinen-Board bedient. Vielleicht eine Wunschmaschine? Die Inszenierung von Julia Franken verfolgt auch diesen Aspekt nicht mehr. Ins Zentrum rückt hingegen eine junge Frau mit langem, blonden Haar, unverkennbar ein Abbild der Undine, die zwischen den Elementen von Wasser und Erde einer beständigen Verwandlung ausgesetzt ist.

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Julia Riera tanzt in einem langen Solo die Frauengestalten aus Märchen und Mythologie. Von einem Behälter mit Wasser zum anderen trägt sie etwas, das ein Fisch sein könnte. Der Fisch, der die Wünsche gewährt, will behutsam umsorgt sein. Im Verlauf des Soloparts scheint sich die Nymphe dann selbst in den Fisch verwandelt zu haben. Julia Riera fügt sich in ihrer Choreographie den geschmeidigen Vorgaben ihres Sujets. Dem Fließen des Wasser gibt sie sich anheim und präsentiert eine harmonische Stafette von Bewegungen, die fein anzusehen sind, aber wenig Risiko enthalten.

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So wie der Tanz droht auch die Inszenierung stets in dekorative Elemente auseinander zu fallen. Hier wird eher möbliert als analysiert. Und doch erhält die Produktion eine Fassung, die zugleich eine Ahnung von den Möglichkeiten gibt, die in ihrem Thema enthalten sind. Die Musik von Philip Mancarella lässt jene sichere Hand erkennen, die „Wish“ im Zusammenspiel der Bild- und Darstellungsmedien auch sonst benötigt hätte.

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Die Klangcollage stellt sich als virtuos erzähltes Gefüge dar, in dem die Tropfen zum metallenen Dröhnen und Raunen werden. Immer wieder setzen die Klänge die Akzente, mit denen das Tanzsolo seine Dramatik entfalten kann. Mitreißend stellen sich letztlich die Klaviersoli dar, in denen das Wasserthema seine Größe als archaisches Phänomen demonstrieren kann. Dass Julia Riera dann mit dem Finale in einen der Wasserbehälter eintaucht, offenbart das spektakuläre Potenzial, das im Thema enthalten ist, aber in einem nicht ausgereiften Konzept nur stellenweise abgerufen werden konnte.

Es steckt viel künstlerisches Vermögen in dem kreativen Zusammenschluss von Mira, wenn die Entwicklungsarbeit noch stringenter verfolgt wird, kann diese Gruppe zu einem reizvollen Element in Kölns Freier Tanzszene werden.

Weitere Aufführungen 11. & 12. Oktober, jeweils 20 Uhr. Kunsthaus Rhenania, Bayenstr. 28 Kartenreservierung unter 0221 35 53 270