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Virtuose Verweigerung
Auftakt beim Flow Dance Festival: „Lo Real“ vom spanischen Choreografen Israel Galván
Von Nicole Strecker

Kaum betritt Israel Galván die Bühne, passiert die erste Provokation: Der rechte Arm schnalzt durchgestreckt in die Höhe. Die böse Geste – ein Hitlergruß. „Lo Real“ heißt Galváns Stück, in dem er sich laut Ankündigung mit den Verbrechen der Nazis an den Sinti und Roma beschäftigen wollte, und das doch vor allem zur Reflexion über eine neue, ‚unschuldige‘ Rezeption des Flamenco geworden ist. Denn mit dem verbotenen Gruß nervt der Choreograf nicht nur, er wirft auch eine Frage auf: Ob sich Bewegungen jemals wieder von ihrer Symbolik befreien können – sei es im extremsten Fall der Nazi-Gruß, aber sei es auch ein Tanz wie der Flamenco, der die immergleichen gefühlsgeladenen Assoziationen evoziert. Galváns Gegenentwurf: „Interruptus-Flamenco“. Er parodiert, verfremdet, zerfetzt den Tanz. Kaum eine Sequenz wird ausgetanzt. Die Beine brechen ihm weg, der ganze Körper wird geschlagen wie ein Percussion-Instrument: die Schlüsselbeine, der Hinterkopf, die Zähne – sogar den Lidschlag scheint Galván hörbar machen zu wollen. Nach seinem fantastisch-aggressiven Solo zeigen auch die beiden Tänzerinnen Isabel Bayón und Belén Maya Varianten sarkastischer Klischee-Attacken, etwa als komische Carmen. So gelingt ein Meta-Flamenco – eine virtuose Verweigerung getrieben von heißkaltem Zorn.

Ausführliche rezension folgt morgen an gleicher Stelle.
Weitere Vorstellungen am 18.06.14 um 20 Uhr im Depot 1