SOLO | DUO Festival – NRW&Friends diesmal nur SOLO!

ein rückblickender Kommentar von Klaus Dilger

Endlich wieder Tanz Live im Köln|Bonner Raum! – Das dürften sich viele Tanzfreunde gedacht haben, die den Auftakt in einem der kreativsten Kölner Tanzzentren, dem „BarnesCrossing“ im Süden der Stadt, in der Alten Wachsfabrik gelegen, miterleben wollten.

Der Corona-Pandemie geschuldet, fand die zwölfte Ausgabe des legendären Solo | Duo Festivals, mit dem Zusatz „NRW & Friends“ diesmal nur als Solowettbewerb statt und auch nicht im rappel vollen Haus, wie sonst üblich, sondern streng limitiert auf 35 Zuschauerinnen und Zuschauer an jeweils einem der beiden identischen Programmtage, an denen neun Soli zu sehen waren.

Für die geplante Live-Übertragung der Aufführungen in das idyllische Aussenareal der Wachsfabrik, schienen, nach Aussage der Veranstalter, die Mittel nicht auszureichen und so hatte man sich entschlossen, den ersten Tag aufzuzeichnen und am zweiten Abend, parallel zur Live-Performance, auf „dringeblieben“ auszustrahlen.

Alessandro De Matteis filmte und editierte die Beiträge kompetent und gekonnt und so dürfte sich der natürlich vorhandene Verlust gegenüber dem miterlebten Tanz in Grenzen gehalten haben, zumal die gezeigten Soli allesamt kein Raumkonzept hätten erkennen lassen, dessen der Film hätte verlustig gehen können.

©Alessandro De Matteis

©Alessandro De Matteis

Es muss keine leichte Entscheidung gewesen sein, den Wettbewerb in den Rahmenbedingungen stattfinden zu lassen, die in Folge der Pandemie entstanden sind. Dies betrifft nicht nur die Zuschauer, sondern natürlich auch die Vorgaben, denen die Duette zum Opfer gefallen sind, die in den vergangenen Ausgaben doch ein sehr wesentliches Spannungselement des Tanzerlebens gewesen sind, und auch die komplexen Fragen der Ein- und Ausreiseerlaubnis für die teilnehmenden Tänzerinnen und Tänzer. Es kann daher kaum verwundern, dass das Qualitätsgefälle zu vorausgegangenen Ausgaben des Festivals, deutlich sichtbar wurden.

Man darf sich und die Veranstalter fragen, ob diese neun Beiträge auch wären eingeladen worden, wenn kein Virus die Oberregie über die (Tanz)Theater der Welt, bis hin in die kleinsten Winkel, übernommen hätte. Noch mehr aber müsste man die Mitglieder der Jury fragen, weshalb sie denn unter solchen Gegebenheiten meinten, die vorgesehenen Preise auch vergeben zu müssen oder zu wollen, anstatt das ausgeschriebene Preisgeld unter allen Teilnehmenden einfach zu verteilen.

Für alle Wettbewerbe und Festivals gilt, sie müssen sich an ihresgleichen messen lassen, also auch an internationalen Wettbewerben. Ihre TeilnehmerInnen und insbesondere die Preisträgerinnen, werden bereits durch ihre Auswahl und ihre Teilnahme ausgezeichnet und werden umgekehrt in ihrer tatsächlichen Qualität zu Referenzen für die Veranstaltungen und deren Ansehen. Wie schnell und nachhaltig sich ein (guter) Ruf verspielen lässt, hatte vor wenigen Wochen die letzte Ausgabe des „Internationalen Wettbewerbs für Choreographie – choreography 34“ in Hannover ebenso eindrucksvoll wie erschütternd demonstriert. Die Kölner Jury des Wettbewerbs 2020 – Jess Curtis (USA/D), Britta Lieberknecht (D) und Ildikó Mándy (HUN)  fanden nachfolgende Begründungen für ihre Preisvergaben:

(Durch einen click auf die jeweiligen Namen der Preisträger gelangen die LeserInnen auf die Videoaufzeichnungen von Alessandro De Matteis)

©Alessandro De Matteis

©Alessandro De Matteis

Bester Solo-Newcomer – Djamila Polo

Djamila präsentiert eine herausragende Bewegungssprache und Performance, die für uns eine dysphorische Verwirrung schafft. Sie schafft die Illusion eines dekonstruierten Körpers, der sich allmählich zusammensetzt. Es entstehen kleine Einblicke in die Klassik, während das Absurde erhalten bleibt. Wir freuen uns auf weitere Arbeiten dieser jungen Künstlerin.

©Alessandro De Matteis

©Alessandro De Matteis

Bester Tänzer – Nitsan Margaliot

Schwerkraft und Dynamik verkörpernd, schuf Nitsan Volumen in dem ihn umgebenden Raum und in sich selbst. Wir konnten ihn fühlen, als er artikulierte und dann die Empfindungen übertrug, die er mit seiner Bewegung erzeugte. Im Laufe der Aufführung entwickelte er sich durch eine Reihe von Zuständen, die sich sowohl persönlich als auch transparent anfühlten.

©Alessandro De Matteis

©Alessandro De Matteis

Bestes Solo – Philipp Caspari

Philipp singt „Flow my Tears“, das bekannteste Lied des Barockkomponisten John Dowland, und unterbricht die Klarheit seiner offensichtlich gut trainierten Stimme mit körperlichen Impulsen, die zwischen Groteskem, Gewalttätigem und Humorvollem schimmern. Er stört den ätherischen Genuss des Liedes und erinnert uns daran, dass diese Klänge aus dem Fleisch eines irdischen Körpers kommen.

©Alessandro De Matteis

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