Über ein Stimmen

Der Eröffnungsabend des Bonner Tanzsolofestivals brummte, glänzte, atmete mit drei unterschiedlichen Stücken.

Kurze Nachtkritik von Melanie Suchy

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Die erste erklärt, der zweite fällt, der dritte steht wieder auf. So begann das 6. Bonner Tanzsolofestival, das vom Theater im Ballsaal und der dort beheimateten Cocoon Dance Company und vom Theater in der Brotfabrik, vertreten durch Karel Vanek von Vanek &  Preuß, veranstaltet wird, rheinuferübergreifend. Die Künstler zeichnen auch für die Auswahl der mehr als fünfzehn Soli an neun Abenden verantwortlich. So ist das eben kein Wettbewerb, auf den sich junge Profis bewerben, um Aufmerksamkeit  zu gewinnen, wie in Stuttgart oder Köln. Sondern in diesem Programm stehen hauptsächlich renommierte Tanzmacher. Greifen erfahrene Choreographen und Choreographinnen sozusagen zurück zum Solo, kann man konzentrierte Feinarbeit erwarten. Einen speziellen Reichtum, den zwei oder mehr Personen auf der Bühne nicht erreichen würden …

Den zeigten am ersten Abend alle drei, doch vor allem Yasmine Hugonnet und Thomas Hauert. Bei ihnen war der Abstand zu sehen zwischen dem Menschen, der tanzt, und dem Tanz. Das Herstellen von Bewegung, von bestimmten Bewegungen, von nach etwas Bestimmtem aussehenden Bewegungen. Das öffnet einen schmalen luftigen Zwischenraum, in dem der Schrecken der Hintergehbarkeit lauert, aber auch die Lust am Spiel und die am Errätseln lacht.

Der  jüngere Gabriel Schenker zeigte eine andere Lücke in „Pulse Constellations“: diejenige zwischen der Musik und dem Tänzer, der dabei, daneben, dahinter, darinnen tanzt. Dieser Sound, die minimalistische „Pulse Music III“ des Stockhausen-Schülers John McGuire von 1978, war wie ein Band aus Pixeln, sehr kleinteiligen, die Dichte, die Rhythmen kapitelweise variierenden Elektrosoundmustern. Das läuft und läuft und läuft und klimpert enervierend in den Ohren, während Schenker auf der Stelle bleibt, mehr und weniger, und das aushält. Und mitgeht.