URAUFFÜHRUNG IN DER BUNDESKUNSTHALLE

 

„WAK.NTR Rehab.“

VON PASCAL MERIGHI

eine Nach(t)besprechung von Klaus Dilger

Am Sonntag feierte in der Bundeskunsthalle in Bonn Pascal Merighi‘s „WAK.NTR Rehab.“ im vollbesetzten Nachbau des legendären Proben-Ortes des Wuppertaler Tanztheater, dem Lichtburg, Uraufführung.

Pascal Merighi gelang es auf faszinierende Weise, das Bewegungsmaterial von sechs Soli, in deren Entstehungsprozess er involviert war und die er als Teil der Stücke von Pina Bausch getanzt hatte, neu zu interpretieren, indem er das Material isolierte, neu ordnete und aneinanderreihte. Hierbei handelt es sich um die Stücke „WIESENLAND“ (2000), „ÁGUA“ (2001), „FÜR DIE KINDER VON GESTERN, HEUTE UND MORGEN“ (2002), „NEFÉS“ (2003), „TEN CHI“ (2004) UND „ROUGH CUT“ (2005). Sie alle bilden mit ihren Anfangslettern den Titel dieser überaus interessanten Produktion: „WAK.NTR rehab.“

Tanz Film Tanz Kritik Wuppertal

Was hier spröde, sperrig und sehr konzeptuell klingt, ist in Wahrheit eine überaus kluge und gleichzeitig humorvolle und mitreissende Hommage an Pina Bausch, ihre akribische Methode der Erspürung von etwas, das vielleicht mit Wahrhaftigkeit umschrieben werden kann und an alle Kollegen und das Tanztheater Wuppertal selbst.

Immer wieder unterbricht er kraftvolle und geschmeidig fliessende Tanzpassagen, oft getragen von dem sehr guten Sounddesign von Volker Wurth, um aus den jeweiligen Stücken „herauszutreten“ und Beschreibungen der Kostüme und mehr noch, wie sie zu tragen sind, zu geben oder auch um dem Publikum, quasi aus der Theatergasse heraus zu erklären, wie und wo seine Kollegen  sich gerade bewegen und welchen Ausdruck sie dabei haben oder wie er sich selbst in der Kulisse auf seinen nächsten Auftritt vorbereitet.

Diese Brüche wirken ansteckend komisch, sind in ihrer Verfremdung grotesk und intim zugleich, und bieten einen Einblick und Zugang, so wie noch keiner der Anhänger und Bewunderer der grossen Choreografin deren Stücke jemals erleben durfte. Gleichzeitig nimmt Merighi all dem jeden  Anflug von Verzückung und Verklärung, indem er die Präzision der Wiederholungen, auch dies ein Markenzeichen des Oeuvres von Pina Bausch, auf mathematische Folgen und Chiffren, die er an die Wand schreibt, reduziert, zumindest soweit sie die Neuordnung seiner Soli betrifft.

Tanz Film Tanz Kritik Wuppertal

Pascal Merighi gelingt mit WAK.NTRrehab ein wundervoll intimes Portrait einer gemeinsamen Arbeit, das hoffentlich schon bald auf den nationalen und internationalen Bühnen zu sehen sein wird.

Diese Produktion unterstreicht aber auch, dass aus diesem Werk, das hier durch die Bundeskunsthalle und die Pina Bausch Foundation auf grossartig lebendige Weise erlebbar gemacht wird, etwas ganz Starkes und Neues entstehen kann.

Concept, Dance: Pascal Merighi | Dramaturgy, Assistant: Thusnelda Mercy | Sound Design, Assistant: Volker Wurth

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