FESTIVAL MOVE! IN DER KREFELDER FABRIK HEEDER

La Macana & Julio César Iglesias Ungo – „INVISIBLE WIRES“

IN BESTER VANDEKEYBUS MANIER – FURIOSES TANZSPEKTAKEL

Nachtkritik von Klaus Dilger

HIER GEHT ES ZUM TRAILER DER AUFFÜHRUNG

Mit einem ebenso humorvollen wie furiosen Tanzspektakel begeisterten Julio César Iglesias Ungo und seine fulminant agierenden Protagonisten das zahlreich erschienene und erfreulich heterogene Krefelder Tanzpublikum am vorletzten Tag des diesjährigen „MOVE!“ Festivals für zeitgenössischen Tanz in der Krefelder Fabrik Heeder..

Dabei beginnt der Abend zunächst wenig vielversprechend: kaum verständlich spricht Niko Hafkenscheid in englischer Sprache Sätze in ein Mikrofon, die mutmaßlich Hinweise geben sollen auf den Titel der Performance, „Invisible Wires“, worauf die wenigen identifizierbaren Worte in seinem Vortrag  schliessen lassen. Glücklicher Weise entpuppt sich der so gescholtene Sprecher im Lauf des Abends als grossartiger und mitreissender Musiker, der wirklich rockt.

„Invisible Wires ist ein äußerst physisches Unterfangen in surrealer Atmosphäre, eine wilde Mixtur von Charakteren, die Ungereimtes, Liebe, Tod und fragmentierte Erinnerungen durchleben….“ so Auszüge aus dem Programmheft, an die wir uns erinnern, ehe wir uns von einem Stroboskop und seinen Lichtfetzen in das Bühnengeschehen katapultieren lassen, das in einem weitgehend offenen Raum stattfinden wird, der sichtbar nur von Lichttechnik begrenzt wird, die Alfonso Castro exzellent mit einem Hauch der grossen Rockkonzerte der beginnenden achtziger Jahre einsetzt. Das ist ungekünstelt, roh, hat Flair, schafft Räume und Atmosphäre und setzt die Tänzer bestens in den Fokus des einstündigen Geschehens.
Alexis Fernández, Tanja Marin Friojónsdóttir, Janis Heldmann, Jacob Ingram-Dodd und Julio César Iglesias Ungo sind die exzellenten Protagonisten, die sich in die Luft schrauben, über den Boden fliegen, als Gruppe, Solo oder in Duetten, deren Nähe häufig umschlägt in ringen und kämpfen, die virtuos mit Verausgabung, Atemlosigkeit und ruhigen Momenten spielen, um im nächsten Augenblick erneut die Spiegelneuronen der Zuschauer zum Flattern zu bringen. All dies in bester Manier des Brüsseler Tanzberserkers Vandekeybus, bei dem Ungo und die ebenso zierliche wie kraftvolle Tanja Marin Friojónsdóttir einige Jahre getanzt haben. Dem stehen die anderen Tänzer, teils bekannt durch die Bochumer RENEGADE Company und deren aussergewöhnlichen Stücke, in Nichts nach. Das schafft vielleicht künstlerisch keine wesentlich neuen Erkenntnisse, ist aber fulminante Tanzpower mit oft schönen Bildern, Humor und Unterhaltung im besten Sinne, Eigenschaften von denen sich jeder Tanzenthusiast so viel mehr wünscht, als häufig auf deutschen Tanztheater Bühnen, insbesondere in der Freien Szene, zu sehen ist.

Lang anhaltender Beifall und trampelnde Füße nahmen das Beben wieder auf, das die Tänzer*innen und Musiker zuvor in der Fabrik Heeder verursacht hatten und waren Lohn für eine exzellente Leistung.