Pina Bausch Zentrum – under construction II
Impressionen des Wuppertaler Kurzfestivals
von Klaus Dilger
Diesmal konnte es live und analog im ehemaligen Schauspielhaus Wuppertal stattfinden, das „Pina Bausch Zentrum Under Construction II Kurzfestival“, kuratiert von Bettina Wagner-Bergelt und Stefan Dreher.
Das vom 6. bis 8.Mai in 48 Stunden veranstaltete Non Stop Festival trug den Titel „underdogs & role models“ (sozial Benachteiligte und berühmte Menschen), ohne dass sich dieser durch das Programm hätte erklären lassen. Das war gut so, denn die „Klassenunterschiede“ beschränkten sich so auf die Qualität der künstlerischen Darbietungen und auch dies tat dem angenehmen Festivalambiente keinen Abbruch, denn die Zuschauer_innen kamen, um den Tanz zu feiern, zu sehen, Menschen zu begegnen, endlich und wieder.
„Mehr als 1600 Gäste, darunter Familien, KünstlerInnen unterschiedlicher Sparten, Akteure der Wuppertaler Stadtgesellschaft, StudentInnen und SchülerInnen…“ zählten die Veranstalter insgesamt in den acht Zeitfenstern zu denen jeweils 200 Personen zugelassen werden konnten. Hinzu kamen noch in etwa 120 Teilnehmer_innen an Workshops und Diskussionen zum Thema Klima und Nachhaltigkeit.
Am Performance- und Nachtprogramm beteiligt waren 64 Künstlerinnen und Künstler in insgesamt 20 Einzelveranstaltungen, darunter die Auftragsarbeiten an Richard Siegal, der ein kurzes Quartett für zwei Tänzer_innen und zwei Musiker_innen choreografierte, Fabian Priovilles „Now Fiction“, eine hochinteressante 3D-Installation, der ein weit grösseres Zeitfenster und mehrere Hosts und Hostessen zu wünschen gewesen wäre, damit alle zehn Filme hätten virtuell erlebt werden können, die er und seine Compagnie zusammen mit Tänzer_innen des Wuppertaler Tanztheaters Pina Bausch erarbeitet hatten. Rainer Behrs „Zugvögel“, so der Arbeitstitel, wurde gar als Weltpremiere im Programm angekündigt und schien nicht nur dadurch komplett aus dem Rahmen gefallen (hier geht es zu unseren Videoimpressionen).
Erwähnenswert auch, wie ästhetisch schön und einladend der gesamte „Kinobereich“ gestaltet war, der leider am ersten Abend etwas verwaist geblieben war.
Unser persönliches Highlight war Oona Dohertys „Hope Hunt and the Ascension to Lazarus“, ein 2017 entstandenes Solo, bravourös getanzt von Sati Veyrunes, das zeigte, was Tanzkunst braucht: authentische Tänzer_innen mit hoher künstlerischer Phantasie und Präsenz, die mit ihrem Körper sprechen, weil sie ihn beherrschen, in jedem Augenblick. Und Choreograf_innen, für die Kunst und Heutigkeit keine Gegensätze bilden. (Hier geht es zu unseren Video-Impressionen) Darum bemüht sich auch Anne Nguyen mit ihrer Compagnie Par Terre, ohne jedoch diese Qualität zu erreichen, obwohl sie längst ein fester Bestandteil vieler grosser Tanzfestivals geworden ist.
In die tänzerische Sphäre einer Sati Veyrunes gehört zweifellos auch Pau Aran Gimeno mit seinem „Corps Exquisite II“, einer der vielen exzellenten Tänzerinnen und Tänzer, die in der Ära von Binder und Wagner-Bergelt dem Tanztheater Wuppertal verloren gegangen sind.
Das Kurzfestival (auch hier noch einige Video-Impressionen des ersten Tages) endete am Sonntagabend nach 14 Performances, Konzerten, Filmen, Diskussionen und Foren und 229.000,- Euro Ausgaben für Leitungsteam Technik und Organisation, Ordner, Einlass und die gesamte technische Ausstattung, sowie für die Miete für Innen- und Außenbereiche. Es gab keine Einnahmen, da das Ticket gleichzeitig Essens-Bon war.
Wuppertaler PartnerInnen waren das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch, Café Ada, das Büro für künstlerische Praxis, Café Tango, Dach der Stadt, LOCH, Fridays for Future Wuppertal, IBIS Hotel Wuppertal, der Jugendrat Wuppertal, Talbuddeln, WUPPERwerft.