tanzrauschen und CoWork18 präsentieren:

„Phoenix never dies“

Eindrücke von Klaus Dilger

Im September 2019 war es noch eine Pressemeldung, die aufhorchen liess:

Der Wuppertaler Tanzrauschen e.V. erhält Europaförderung

Die EACEA, die Exekutivagentur für Bildung, Audiovisuelles und Kultur, hat im Rahmen des Programmes „Creative Europe“ der EU das Projekt „mAPs – Migrating Artists Project“ als eine von wenigen deutschen Initiativen für die europäische Förderung ausgewählt.

„mAPs ist ein transmediales Kooperationsprojekt zwischen fünf europäischen Ländern mit dem Ziel, professionelle und erfahrene Künstler*innen (Choreograf*innen, Filmemacher*innen, Tänzer*innen, Videokünstler*innen, Produzent*innen etc. ) in der Produktion und der Verbreitung hochwertiger Screen-Dance-Projekte zu unterstützen, die jeweils in enger Zusammenarbeit mit den lokalen Stadtgesellschaften entwickelt werden. Ziel ist die Produktion von vier Tanzfilmen zum Thema „Macht“ (z.B.: Macht und Medien, Macht und Klima, Macht und Gender etc.) eines Dokumentarfilms des gesamten mAPs-Arbeitsprozesses sowie der Frage gesellschaftlicher Transformationsprozesse in Europa: wie wollen wir heute in Europa gemeinsam leben und arbeiten? Welche Werte teilen wir als Bürger*innen und Künstler*innen? Und warum Europa?

Kooperationspartner sind: Stéla – DAN.CIN.LAB (Frankreich), BELLEVILLE – Athens VideoDance Project (GR), COORPI (Italien), MALAKTA Films (Finnland) und TANZRAUSCHEN e.V.“ (Pressemeldung 2019)

3 Jahre später…

… nun die Deutschland-Premiere der Arbeitsergebnisse, vorläufiger Teilabschluss, der, nach Frankreich im Juni, noch in Finnland, Griechenland und Italien gezeigt und gefeiert werden soll.

Und weil „Phoenix never dies“ impliziert, dass nach dem Projekt vor dem Projekt ist , präsentierte der agile TANZRAUSCHEN-Verein um Kerstin Hamburg am vergangenen Wochenende die „SCREEN DANCE ACADEMY #2 – Phoenix never dies“ und die Deutschlandpremiere von „POWER. The mAPs short film collection“ unter dem neuen Label und im Rahmen von „LOCAL PRODUCTS“, als eine Initiative von TANZRAUSCHEN in Partnerschaft mit dem CoWerk18 der Tanz Station – Barmer Bahnhof.

1.Tag

Eröffnet wurde im Beisein von Lena-Marie Eckhoff, der Vertreterin des NRW Wirtschaftsministeriums, das dieses neue Label fördert, und dem Kulturpolitischen Sprecher der SPD Bundestagsfraktion, Helge Lindh. Dieser stellte sogleich die Analogie aus Bewegung – Tanz – sozialer Bewegung auf und konstatierte im Zusammenhang mit der Frage, welche Form der Ermächtigung wir brauchen: “Die Verhältnisse ändern sich nicht, wenn man die Machtverhältnisse nicht ändert“.

Dergestalt eingestimmt, führte Marc Wagenbach, eloquent sympathischer Gastgeber und Filmemacher von „Phoenix never dies“, das internationale und das Wuppertaler Publikum in und durch den Abend und die Ausstellung, die gleichzeitig einen Einblick gab in die Schaffens- und Arbeitsprozesse des europäischen „mAPs“-Projektes.

Ein erfreulich lockerer und unprätentiöser Abend, der den Besuchern zum Abschluss einen „Master Class“-ähnlichen Einblick in die Tanzfilm-Welt der Alla Kovgan bescherte. Die in Europa mit ihrer „CUNNINGHAM“-Dokumentation bekannt gewordene (Tanz-)Filmemacherin fungierte in allen 5 mAPs Beiträgen als Mentorin und teilte ihr Wissen und Können generös mit dem anwesenden Publikum auch in der anschliessenden Fragerunde.

2. Tag

Geplanter Höhepunkt war die Deutschlandpremiere der fünf „mAPs“-Arbeiten. Hierfür hatten die Gastgeber_innen von tanzrauschen e.V. das Aussengelände der ehemaligen Knopffabrik in der Alarichstrasse 18 in Wuppertal-Barmen, Standort von Cowork18, in ein tolles Open-Air Kino mit lichtstarker LED-Wand verwandelt, die gut und gerne noch ein paar zusätzliche Meter Abstand für das zahlreich erschienene Premierenpublikum hätte vertragen können. 

Hinter den Zuschauerreihen, weite zwanzig Meter entfernt, eine temporäre Bühneninstallation mit Klavier, die bereits das abschliessende Konzert der ganz exzellenten Sängerin und Komponistin Emma Bonnici (UK) ankündigte, die für den Soundtrack des deutschen Beitrags von Marc Wagenbach, „Phoenix never dies“, verantwortlich zeichnete.

Ein toller Ort also, innen wie aussen, der als ein Gewinn ins Gedächtnis dieses Wochenendes eingegangen ist und nach Fortsetzung verlangt. (und am letzten Septemberwochenende mit „moving spaces“, einer Veranstaltung der Tanzstation Barmen und Coworks18, zusammen mit „tanzrauschen e.V.“ auch bekommen wird)

Die kurzen (Tanz?)Filme aus den beteiligten Ländern behandelten jeweils unterschiedliche Aspekte zum Thema „Macht“.

Kein einfacher Arbeitsprozess, der vor allem ein Lernprozess für alle Beteiligten werden sollte, denen es letztlich auch darum ging, die kulturellen und sozialen Gemeinschaften des jeweiligen Umfelds mit einzubeziehen, wie Marc Wagenbach im Gespräch verriet. COVID 19 übernahm über weite Strecken den Dirigentenstab des Konzertes der fünf beteiligten Länder, das bei der Formulierung der Konzeption des Europaprojektes noch andere Sphären erreichen sollte.

Dass hierbei nun der Prozess der Gemeinschaft(sbildung), der „sozialen Bewegung“, wie der Schirmherr der Veranstaltung, Helge Lindh, am Vortag formulierte, deutlicher in den meisten der Filme sichtbar wurde, als der Gedanke des Kunstschaffens, macht das Projekt eher noch sympathischer.

Phoenix-never-dies_tanzrauschen©TANZweb.org_Klaus-Dilger

Phoenix-never-dies_tanzrauschen©TANZweb.org_Klaus-Dilger

Dass der Beitrag von tanzrauschen e.V., Marc Wagenbachs Film „Phoenix never dies“, in diesem Quintett, nach Meinung des Rezensenten, weit herausragte: Beste Bilder, beste Darsteller, insbesondere Oleg Stepanov mit seiner wunderbaren Sensibilität,  beste Kamera, bester Schnitt, bester Soundtrack, beste Regie, muss ganz ohne „lokalgefärbte Rosabrille“ einfach festgehalten werden, auch wenn es sich hier keineswegs um einen Wettbewerb gehandelt hat.

Das Ereignis wurde, dem Vernehmen nach, noch mit dem Konzert von Emma Bonnici, begleitet von Meg Morley am Klavier, sowie tänzerischer Intervention von Oleg Stepanov bis in die frühen Morgenstunden gefeiert.

Der Abschluss der dreitägigen Veranstaltung mit einem „Thinking Lab mit Frühstück“ unterstrich viel mehr die hervorragende Gastgeberschaft der Veranstalter, als dass hier wirklich neue Denk- oder Sichtweisen zu entdecken gewesen oder entwickelt worden wären.

Dem Gesamterfolg der Veranstaltung tat dies keinerlei Abbruch.

Phoenix-never-dies_tanzrauschen©TANZweb.org_Klaus-Dilger

Phoenix-never-dies_tanzrauschen©TANZweb.org_Klaus-Dilger