»Tanzrecherche NRW«: Für 2019 erstmals vier Recherchen vergeben

Das internationale Stipendienprogramm des NRW KULTURsekretariats wird 2019 ausgebaut: Ab Juli können insgesamt vier Stipendiaten-Teams in und aus NRW für mehrere Wochen themenbezogene, nicht produktionsabhängige Recherchen durchführen.

Das NRW KULTURsekretariat (NRWKS) baut sein internationales Stipendienprogramm »Tanzrecherche NRW« aus. Ab Sommer 2019 werden zum ersten Mal insgesamt vier mehrwöchige Residenzen für themenbezogene Recherchen ermöglicht.

Zwei Stipendien erhalten Tanz-Künstler*innen aus dem Ausland für einen Recherche-Aufenthalt in jeweils einer der 21 Mitgliedsstädte des NRWKS. Der Fokus liegt auf kulturellen, politischen, gesellschaftlichen oder wissenschaftlichen Bezügen.

Zum ersten Mal wurden außerdem zwei weitere Stipendien an Tanz-Künstler*innen vergeben, die ihren Lebens- und Arbeitsschwerpunkt in einer NRWKS-Mitgliedsstadt haben. Mit der »Tanzrecherche NRW« erhalten sie nun die Möglichkeit zu einer Recherche im Ausland.

Die Auswahl der Teilnehmer*innen an den vier Stipendien erfolgte durch eine Fachjury mit Klaus Dilger (tanzweb.org), Bettina Masuch (tanzhaus nrw) und Arnd Wesemann (Magazin tanz). Den Vorsitz hatte NRWKS-Direktor Dr. Christian Esch.

Im zehnten Jahr seines renommierten Stipendienprogramms fördert das NRWKS wie bereits mit seinem »Internationalen Besucherprogramm« und dem »Transfer International« den grenzüberschreitenden Austausch mit der NRW-Szene und bringt damit weitere Impulse nach NRW. Produktionshäuser, Festivals und Kompanien sind die Partner der »Tanzrecherche NRW«.

»Tanzrecherche NRW« ist weiterhin ausdrücklich nicht produktionsbezogen, zielt also gerade nicht auf die Umsetzung fertiger Konzepte. Damit unterscheidet sich das Programm von vielen anderen Fördermodellen, nicht nur im Bereich Tanz. Vielmehr liegt der Schwerpunkt auf der intensiven Förderung künstlerischer Arbeit und Entwicklung experimenteller Arbeitsweisen. Geboten werden bis zu 6.000 Euro je nach Art und Umfang der Recherche sowie persönliche Betreuung, Moderation und Vermittlung zu Institutionen und Experten. Die Ergebnisse werden jeweils im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung (in NRW) oder digitalen Dokumentation (im Ausland) präsentiert.

Yana Novotorova

Tanzrecherche NRW #26

Unter dem Titel »Hiding In Plain Sight: Studies On Symbolic Violence« beschäftigen sich die beiden Kölner Künstlerinnen Yana Novotorova (Performerin und Choreografin) und Charlotte Triebus (Performerin, Tangotänzerin sowie Media- und Designkünstlerin) im Herbst 2019 mit der sogenannten »symbolischen Gewalt«. Dabei spüren sie im Zusammenhang mit den aktuellen politischen Spannungen in der Ukraine solchen schwer sichtbaren oder verkannten Formen der Gewalt nach, die sprachlich oder symbolisch in einer Gesellschaft unbewusst anerkannt sind und damit die soziale Ordnung legitimieren.

Yoshiko Waki

Tanzrecherche NRW #27

Im Sommer reisen die beiden Tanzkünstlerinnen Yoshiko Waki und Charlotte Goesaert von der Compagnie bodytalk, Artists in Residence am Theater im Pumpenhaus in Münster, nach Israel. Für ihre Recherche mit dem Titel »Körper als Waffe – Choreografien des Todes/Choreografien von Krieg und Frieden« studieren sie dort Körper und ihr Bewegungsvokabular in (lebens-)gefährlichen Situationen. Im besonderen Fokus wird die Technik des Ka’et Ensembles stehen, der einzigen zeitgenössischen jüdisch-orthodoxen Tanz-Compagnie, deren einzigartige Bewegungssprache im religiösen Tanz gründet und Bewegungen als Gebet versteht.

Der Raum - I Jung Lim @Diethild Meier

Der Raum – I Jung Lim @Diethild Meier

Tanzrecherche NRW #28

Die südkoreanische Choreografin I-Jung Lim widmet sich im Juli und August, u.a. in Essen, Gelsenkirchen und Düsseldorf, menschlichen Bewegungen, die dabei sind zu verschwinden. Unter dem Recherche-Titel »Glück auf: The increasing disappearance of the labor of miners« untersucht sie exemplarisch das Leben und die Arbeit von Minenarbeitern. Ihr Ziel ist die Entwicklung eines Systems, mithilfe dessen sie körperliche Bewegungsabläufe künstlerisch dokumentieren kann. Ihr besonderes Interesse gilt dem sogenannten Anwerbeabkommen, mit dem zwischen 1963 und 1977 insgesamt 8395 Minenarbeiter aus Korea nach Deutschland kamen.

Adham Hafez

Tanzrecherche NRW #29

Der ägyptische Choreograf und Autor Adham Hafez und der amerikanische Stadtforscher und Stadtplaner Adam Kucharski eröffnen für ihre Recherche mit dem Titel »ETMAC Extra Territorial Ministry of Arab Culture« im Spätsommer ein vierwöchiges imaginäres Kulturministerium für alle vertriebenen arabischen Intellektuellen und Künstler*innen, die in Deutschland leben. Durch Interviews mit Kulturschaffenden, Kulturpolitiker*innen und Künstler*innen wollen sie, u.a. in Essen und Düsseldorf, die Infrastrukturen für Kunstproduktion in NRW-Städten untersuchen – angestrebt werden darüber hinaus zukünftige Kooperationen mit arabischen Städten.