VIDEOIMPRESSIONEN UNDERGROUND VII: L’EXIL DES MANATEES

Julie-Anne Stanzak und Nathalie Larquet

L’Exil des Manatees

Die Suche nach der Existenz – (…Letters are written, never meaning to send)

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Mit dem Thema der Leere und der Abwesenheit und letztlich mit dem Thema der Schöpfung, der Identität und des Seins befasst sich, auf autobiografische und doch allgemein gültige Weise, auch die zweite Arbeit dieses, das sei vorweggenommen, faszinierenden Abends.

Julie-Anne Stanzak taucht in „L’Exil des Manatees“, das sie gemeinsam mit der französischen Choreografin Nathalie Larquet entwickelt hat, ein in eine Vergangenheit, die vielleicht ihre eigene ist, aber stets nur erahnbar bleibt und so auch niemals in Gefahr gerät, anekdotisch „erzählt“ zu werden. Larquet zeichnet auch verantwortlich für die sensiblen und äusserst poetischen Videoprojektionen, die zu Teilen zuvor bereits in der installativen Ausstellung zu UNDERGROUND VII am gleichen Ort zu sehen waren.

Julie Anne Stanzak und Nathalie Larquet_L'Exil des ManateesUNDERGROUND-VII@TANZweb_Barbara-Schroer

Julie Anne Stanzak und Nathalie Larquet_L’Exil des ManateesUNDERGROUND-VII@TANZweb_Barbara-Schroer

Halbnackt, in einen riesigen Fellmantel gekleidet, ragt Stanzak schamaninnenhaft wie die Verlängerung des Baumstumpfes, auf dem sie vor der projizierten Kulisse einer Betonwand mehr thront als  sitzt, heraus, im Halbdunkel nur schemenhaft erkennbar. Aus der Projektion führt eine Wendeltreppe nach Oben in ein schwarzes Nichts, aus dem, für wenige Sekunden nur, eines der letzten Manatees ins Bild schwimmt, um sofort im Nichts wieder zu verschwinden, so als wolle es die Zuschauer für die Rarität und Vergänglichkeit der Augenblicke sensibilisieren.

Immer wieder schiessen Stanzaks Arme, mit stärker werdenden Impulsen, in einem fragmentierten Bewegungskanon aus dem Pelz heraus und katapultieren sie letztlich auf die Beine und in einen zögerlichen Gang, direkt auf das Publikum zu, in eine, ihre Vergangenheit, bis sie schliesslich das schützende Fell am Ende dieses Weges abstreift und es zu Boden fallen lässt.

Für ungeheuer starke, enorm facettenreiche zwanzig Minuten, in denen das Choreographen-Duo die Tänzerin Julie-Anne Stanzak in einem, zwischen Poesie und Wortgewalt (Text „sweet licorice“ von Julie-Anne Stanzak) fliessend changierenden Bilderfeuerwerk vollkommen neu entdecken und alterslos erscheinen lässt, wird es dort liegen bleiben. Erst zum Schluss, am Ende einer Zeitreise in die eigene Vergangenheit, wieder sie ihn wieder aufnehmen und zum Ursprungsort zurückkehren. Doch diese Erkenntnis der Neuentdeckung wird sich erst lange nach dieser so authentisch entwickelten Performance dechiffrieren und manifestieren. Auch die zahllosen starken Bilder aus Tanz, Text und Projektion, ebenso wie die Klänge, die Johann Kirschniok erst ganz zum Ende dieser Performance (wow!), in einer wundervollen Improvisation zu Johann Sebastian Bach in Raum und Körper fliessen lässt,  und dabei eine traumhafte Verbindung zu Oriah Mountain Dreamer’s „The Dance“ eingeht,  deren Lyrik von Stanzak bearbeitet und im Off der projizierten Bilder gesprochenen wurde. All diese Assoziationsräume  werden noch lange nachhallen . 

Ein Stück, das nicht nur im Kopf haften bleibt und das zu Recht mit viel Applaus bedacht wurde.

Julie Anne Stanzak und Nathalie Larquet_L'Exil des ManateesUNDERGROUND-VII@TANZweb_Barbara-Schroer

Julie Anne Stanzak und Nathalie Larquet_L’Exil des ManateesUNDERGROUND-VII@TANZweb_Barbara-Schroer