Eine Minute Tanz pro Tag
Ob mitten in einer Demonstration, mit Bauarbeitern, in einer Bäckerei oder in der eigenen Küche: Nadia Vadori-Gauthier filmt ihren Tanz. Täglich. Schon über 1.900 Mal, wo immer sie gerade ist. Meistens in Paris. Wie durchlebt ein solches Projekt die Zeiten von Covid-19 und Social Distancing?
Von Thomas Hahn
Une minute de danse par jour : Jeden Tag eine Minute tanzen. Nadia Vadori-Gauthier praktiziert das schon seit dem 14. Januar 2015. Täglich landet ein Video im Internet, gepaart mit einem kurzen Text. Auslöser ihrer Pop-up-Auftritte in Stadt und Land war der Schock der Attentate im Januar 2015, als islamistische Fundamentalisten im 11. Arrondissement von Paris die Redaktion der satirischen Wochenzeitschrift Charlie Hebdo dezimierten. Die Veränderung des Klimas war sofort spürbar. Seitdem tanzt Vadori-Gauthier draußen oder drinnen, allein, mit Gefährten oder mit Passanten. Es ist eine sanfte, ständige Demonstration für weniger Härte, weniger Abgrenzung. Vor allem steht ihr Projekt unter Nietzsches bzw. Zarathustras Stern: „Verloren sei uns der Tag, wo nicht ein Mal getanzt wurde!“, heißt es in „Also sprach Zarathustra“. Aus dem Grauen des Terrors zog sie die Kraft, eine neue Phase ihres Lebens als Künstlerin zu beginnen.
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Soziale Medien statt Straßenpflaster
Den Kontakt zu anderen Menschen, den sie so unschuldig-poetisch selbst in den angespanntesten Situationen durch ihren Tanz herzustellen vermochte, sucht sie nun im Internet. Wer auch immer in dieser Zeit des confinement – der Ausgangsbeschränkungen – eine Minute Tanz (oder etwas mehr) kreieren und damit an ihrem Projekt teilnehmen will ist herzlich willkommen, sein Video auf Facebook oder Instagram zu posten, unter # oder @ uneminutededanseparjour. Genau nach der Methode – feste Kamera und O-Ton – wie auf ihrer Website uneminutededanseparjour.com nun bald 2000 Mal praktiziert. Und wer dort am linken Rand auf die vertikale Zeile Voir les danses klickt, findet ganz unten eine Einladung, Paris par arrondissement zu besuchen: Das reale Paris erleben und sich von Nadia Vadori-Gauthier (ver)führen lassen.