dancescreen 2019 + TANZRAUSCHEN Festival Wuppertal – International Dance on Screen und Screen Dance Market in Wuppertal…

DANCE&DARE | Erste Eindrücke

Tanzrauschen, Bildschirmrauschen

Tanzrauschen: Eindrücke von Karoline Strys

dancescreen 2019 + TANZRAUSCHEN Festival Wuppertal – International Dance on Screen und Screen Dance Market in Wuppertal, ein Titel so lang wie das Programm. Hier kommen  KooperationspartnerInnen, ProduzentInnen und FilmemacherInnen zusammen, um sich innerhalb und darauf bezogen über das Medium (Tanz-)Film auszutauschen. So zumindest mein erster Eindruck. Ankommen beim Tanzrauschen Festival 2019 heißt aber auch empfangen werden von Bildschirmen und Eröffnungspräsentationen mit Trailern und noch mehr bewegtem Bild – ein Tanzfilmfestival. Viele filmische Arbeiten gibt es zu sehen, im Schauspielhaus, der neuen Kunstgalerie, der Börse und am Abend auch bei der offiziellen Eröffnung im Kino Rex, die mit einem Rausch von Glitzer und Farben auch einiges für das Auge aufzuwarten hatte. Bilderrauschen und Bildschirmrauschen. 67 Filme aus 30 Ländern, hieß es. Mir kommt es nach knapp zwei Tagen in Wuppertal um einiges mehr vor. Als Tanzschaffende drängt sich mir schnell die Frage auf, was ihn denn besonders macht, den Tanzfilm, und was ihn von anderen Filmen als eigenes Genre abhebt? Neueste technische Spielereien wie Drohnen oder Virtual Reality Brillen erlauben das Einfangen von Tanzbewegung in einem erweiterten Spektrum und gehen weit über die bloße Aufführungsdokumentation hinaus. Tanzfilm wird zum Kunstfilm. Wo kommen Faszination Tanz und Film zusammen, was kann der Film kreieren, was der Tanz alleine nicht vermag – und andersherum? Wie verändert sich das Tanzerleben?

Screen dance impressionen©karoline strys

Screen dance impressionen©karoline strys

Nach dieser ersten Zerstreuung und ersten Eindrücken von Tanz, Film und Festival in Wuppertal, durfte ich am zweiten Tag bei einem kleinen Exkurs in den Workshop der beiden PerformerInnen und FilmemacherInnen Florence Freitag und Camille Käse in der Börse eintauchen, deren Arbeit einen für mich sehr wichtigen Aspekt für die Rezeption und Produktion von Videoperformance in den Fokus rückt. Die „transantlanticbirdscrew“ versteht ihre Videopraxis als in sich bereits performativ und entwickelt Konzepte der Videoperformance, die die Hierarchie von Kameraperspektive und performativen Körpern zu kippen sucht, eine „Verschiebung des Subjekt-Objekt Modells hin zu einer Beziehung, die auf Relation und erlebtem Miteinander basiert.“ Wir starten mit einem Warm Up für die Augen, bei dem wir die Handflächen in die Augenhöhlen legen und gehen dann – zunächst ohne Kamera und ohne Bildschirm – über in verschiedene Betrachtungspraktiken von Raum, Körper und Beobachtbarem durch das menschliche Auge. Versteht man die Kamera als dritten Körper im Raum zwischen performativen Objekt bzw. Subjekt und Publikumskörper, so eröffnen sich mehrere Ebenen der Betrachtung und des sich-betrachten-lassen. Die Rahmung durch den Kamerablick kann so durch die aktive Teilnahme des oder der PerformerIn mitbestimmt und erweitert werden, wodurch Tanz und Performance im Film plötzlich wieder einen anderen Stellenwert erhalten kann. Der Blick des Zuschauenden lässt sich durch den Performancekörper choreographieren und lenken mit einer lediglichen Rahmung durch das Kameraobjektiv.

Im Workshop agieren die Körper von Kamera, ZuschauerInnen und PerformerInnen nebeneinander als gleichwertige AkteurInnen des Geschehens und eröffnen eine Perspektive auf Tanzfilm, die ich mit in den Tag nehme und von der man sich nur mehr wünschen kann, für ein Filmfestival, das den Fokus auf Tanz legt. Mit frischem Blick kann ich mir nun weitere Beiträge des Festivals ansehen und mit konkreten Fragen nach choreographischen Aspekten des Filmemachens begegnen. Was macht den Tanzfilm zu einem eigenen Genre? Nach einem bilderreichen Einstieg in das Festival möchte ich an dieser Stelle nur noch einen Geheimtipp geben v.a. auch an FestivalbesucherInnen, die sich angesichts des üppigen Festivalprogramms möglicherweise – so wie ich – vielleicht etwas überfordert fühlen. Denn neben dem Workshop von Camille Käse und Florence Freitag kamen auch die installativen Beiträge im Schauspielhaus „Underground meets Tanzrauschen“ in der Programmankündigung viel zu kurz. Im Rahmen von UNDERGOUND VII gibt es neben spannenden filmischen Arbeiten von Michael Carter, Nathalie Larquet, Julie Anne Stanzak und Gala Moody, (u.a. in einem begehbaren Zelt) noch die Virtual Reality Installation „Here We Are“ zu erleben, eine Koproduktion der fabien prioville company und dem Tanztheater Wuppertal Pina Bausch, in der filmische und körperliche Realitäten sehr feinsinnig aufeinander stoßen. Eine subtile choreographische Erfahrung, die aus den zahlreichen Filmen, die bisher eher mit technischen Spielereien, schnellen Schnitten und reißerischem Soundtrack zu bestechen versuchen, hervorsticht. Das live-Erlebnis von Tanz wird hier wieder in den Fokus gerückt, eine alternative Form der ästhetischen Wahrnehmung von Tanz(-film). Die Beiträge von UNDERGROUND VII warenim Schauspielhaus Wuppertal zu sehen bzw. zu erleben.

Screen dance impressionen©karoline strys

Screen dance impressionen©karoline strys