Das schrit_tmacher-Rahmenprogramm:

„Into Ash“ von Yin Yue und die „Lichtwesen“ von Joost Meyer

Ein berührendes Solo im Ludwig Forum Aachen und schwebende Haie in der Fabrik Stahlbau Strang

von Natalie Broschat

Das schrit_tmacher Festival bietet neben den hochkarätigen Performances auch ein wundervolles Rahmenprogramm. Neben Filmen, Workshops, Diskussionen oder kompletten Familientagen fungiert beispielsweise das Ludwig Forum Aachen als Ort für ein neues Tanzsolo und das Foyer der Fabrik Stahlbau Strang bietet im Gegenzug Platz für Kunstwerke. Es ist immer spannend und bereichernd, Tanz im Museum stattfinden zu lassen (letztes Jahr von Trajal Harrell) und Kunstwerke außerhalb des Museums zu sehen und zu erleben.

Im Ludwig Forum präsentiert die chinesische Tänzerin und Choreografin Yin Yue das neue, halbstündige Solo „Into Ash“, das vom schrit_tmacher Festival und dem Aachener Museum für internationale und moderne Kunst koproduziert wurde. Am Abend zuvor erst hatten Yin Yue und ihre Tänzer*innen das Publikum mit dem Tanzstück „Nowhere“ in der Fabrik Stahlbau Strang begeistert. Im Museum nun läuft sie ganz behutsam auf die Senke in der Mitte des Raumes zu, also auf das Forum im eigentlichen, antiken Sinne. Und während Yin Yue geht, sticht einem das atemberaubende rote Kleid ins Auge, das sie trägt. Designt wurde dies von Ashlynn Park und ist Teil der Frühling- und Sommerkollektion 2023 ihres Modelabels ASHLYN. Ein wunderschönes Gewand, das sich zwischen Kleid, Blusen+Rock-Zwei-Teiler und weiter Hose bewegt. Es umschmeichelt den Körper von Yin Yue während ihres beschwörenden Tanzes. Zu vier musikalisch äußerst unterschiedlichen Songs schlängelt sie ihre Arme, wiegt sich mit geballter Faust und Blick nach oben oder dreht präzise ihre Füße wie von Marionetten gesteuert hin und her. Es wirkt, als wenn sie irdene und transzendente Energien sammelt und zugleich freisetzt. Yin Yue hat ihre eigene Bewegungssprache entwickelt, die sie FoCo nennt: Traditionelle chinesische Tanzstile treffen auf zeitgenössische, also Folklore und Contemporary. Das ist ganz wundervoll anzusehen und das Publikum kann dies für eine besondere halbe Stunde von und mit Yin Yue persönlich genießen.

Into-Ash_Yin-Yue©TANZweb.org_Klaus-Dilge

Into-Ash_Yin-Yue©TANZweb.org_Klaus-Dilge

Vergänglichkeit ist in den „Lichtwesen“ von Joost Meyer zu finden. Aus isolierendem Epoxidharz schuf er große, hohle Haie und weitere Unterwasserlebewesen, die im Foyer der Fabrik Stahlbau Strang über den Köpfen der Besucher*innen schweben. Der Bildhauer (*1976) nimmt gerne Tiere als Grundlage für seine Kunstwerke aus verschiedenen Materialien, um das Publikum dann mit der Frage zu konfrontieren, wie es eigentlich zu den dargestellten Kreaturen steht. Ist dieser Hai über mir bedrohlich, sollte ich mich schützen oder fliege ich mit ihm? Schließlich sind nicht die zugigen Höhen, sondern die Tiefen des Wassers der natürliche Lebensraum dieser Kreaturen. Gerade deswegen ist der Titel „Lichtwesen“ so treffend, denn wir können uns von der Form dieser majestätischen Tiere begeistern lassen, solange sie noch unter oder über uns weilen.

oost-Meyer_Lichtwesen_c-Peter-Hinschlager

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