Hartmannmueller gastieren mit „No Fun“ beim Festival Move! in der Fabrik Heeder Krefeld

….Hoffnung bis zum Schluss

Von Bettina Trouwborst

Das gelbe Paket dampft. „HDL“ steht darauf in Anspielung auf einen deutschen Paketdienst. Und es geschieht – lange nichts. Dann plötzlich: Mit einem lauten Knall springt ein lustiger Typ heraus. „Hallo“, begrüßt der Clown das Publikum und gewinnt sofort Sympathiepunkte mit seinem jungenhaften, ein bisschen tölpelhaften Grimassieren. Er ist die tragische Figur des Abends. Denn der Spaßmacher (Thilo Garus) beißt bei der etwas ordinären Clownin (Sophia Seiss) auf Granit. Das löst Würgen und Weinkrämpfe bei dem Verprellten aus. Niemand lacht. „War nur Spaß“, winkt der Akteur beschwichtigend ab und wendet sich in seiner fast kindlichen Art anderen Dingen zu. Einem kleinem Fellhaufen zum Beispiel, den er liebevoll wie ein  Tierchen behandelt – einer der schönen, verinnerlichten Momente, über die man schmunzelt. Ansonsten aber agieren in der jüngsten Produktion „No Fun“ des Düsseldorfer Performance-Duos Hartmannmueller zwar drei Clowns in einer aufgeblasenen Narrenwelt, zu lachen gibt es allerdings herzlich wenig. Von Hartmann und Mueller ist man Größeres gewohnt.

Hartmannmueller – hinter dem Künstler-Label verbergen sich Simon Hartmann und Daniel Ernesto Mueller. Die beiden Folkwang-Absolventen und ehemaligen Ben J. Riepe-Tänzer machen seit 2011 ihr eigenes Ding. Derzeit erhalten sie erstmals die Spitzenförderung des Landes. Denn die beiden, Kinder der 1980er Jahre, stehen für hervorragendes künstlerisches Handwerk, aktuelle Thematiken und kribbelige Balanceakte. Mit größtem Vergnügen reizen sie Grenzen aus: Harmonie und Grusel, Gewalt und schriller Klamauk, Beklemmung und Albernheit. In Produktionen wie „Du bist nicht allein“ oder „My Saturday went pretty well until I realised it was Monday“ performten und begeisterten sie bislang als Akteure und Macher ihr Publikum.

Diesmal ist vieles anders: In „No Fun“ stehen Hartmann und Mueller erstmals nicht auf der Bühne, sondern beschränken sich auf Konzept, Choreografie und Regie. Was – so haben sie es fest zugesagt – eine Ausnahme bleiben soll. Besser wäre es: Nicht, weil die drei Darsteller ihrer Aufgabe nicht gewachsen wären. Im Gegenteil – alle haben eine so starke Bühnenpräsenz und hintergründige Ausstrahlung, dass man bis zum Schluss hofft, dass das Stück doch noch zu sich selber findet. Leider vergeblich.

HARTMANNMUELLER_NO-FUN©Screenshot

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Irgendwo, irgendwann: Zur Ouvertüre bittet Frank Sinatra „Send In The Clowns“. Wenn er gegen Ende „That’s Life“ schmettert, wurde sein Wunsch erfüllt und drei Spaßmacher haben 70 Minuten lang ihrem Publikum klargemacht, dass es in der Welt nicht zum Besten bestellt ist. Szene für Szene halten sie der Gesellschaft – ureigenste Aufgabe des Narren – den Spiegel vor. Ein Conférencier (Rodolfo Piazza Pfitscher Da Silva) macht eine Art moralische Bestandsaufnahme und beklagt etwa Egoismus, Kapitalismus, Ausbeutung der Erde. Da kann seine weibliche Kollegin nur in schrillen Tönen gackern. Sie hat sich in einem kleinen Theater mit roten Vorhängen, das an eine Wanderbühne erinnert, eingerichtet und kreischt ständig dazwischen. Überhaupt hat sie einen fiesen Charakter und betreibt übles Mobbing mit dem netten Spaßvogel aus der Kiste.

Szene an Szene reiht sich, angesiedelt zwischen Cabaret, Pantomime und Commedia dell’arte. Während man sich an der darstellerischen Kunst der Akteure erfreut, schwächeln die Dialoge und die Sinnhaftigkeit mancher Nummer will sich partout nicht erschließen. Warum diese endlos lange wummernde Disco-Szene mit Stroboskop-Effekt? Warum erteilt die Clown-Frau eine Lektion in Sachen Planeten? Okay, die Kontaktaufnahme zwischen dem Conférencier und den beiden anderen, die in einer ohrenbetäubenden Kakophonie mündet, lässt keinen Zweifel über die Kommunikationsfähigkeit unserer Gesellschaft. Und der exzellent interpretierte Animiertanz des Trios ist auch deutlich und beeindruckt. Doch am Ende bietet die Vorstellung eine Ansammlung wenig glanzvoller Splitter ohne Kitt. „No Fun“ wäre übertrieben. Aber der Stücktitel trifft tatsächlich mehr zu, als die Namensgeber es wohl vermutet hätten.

HARTMANNMUELLER_NO-FUN©Screenshot

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