Dyptik mit „Dans l’engranage“
Zum Staubaufwirbeln braucht es Staub
Die französische Compagnie Dyptik aus St. Etienne gastierte mit „Dans l’engranage“ in der Fabrik Stahlbau Strang in Aachen
Kurze Nachtkritik von Melanie Suchy
Nach all dem, was in diesem Stück aus Stückwerken später noch über die Bühne paradierte, sich zusammenschloss und wieder trennte, auftrat und abtrat, auf dem Boden herumwirbelte, sprang und kobolzte, im Kreis tanzte, innerhalb des Kreises tanzte, bleiben vielleicht die Außenseiter, die Herausfallenden und die Vordrängler, Vornseiter, im Gedächtnis. Mit Sicherheit aber die Anfangsszene.
Das Licht erschafft eine Skulptur, langsamer als eine Sanduhr. Ein funzeliges Scheinen von oben, eins am Boden. Man erahnt einen Kopf und erspäht auf einem hell markierten Viereck zwei Schuhe. Dazwischen Schwarz. So allein im dunklen Raum wirkt das Wesen riesig. Allmählich sind Schultern zu sehen, irgendwann ein Gesicht, das einer Frau mit streng zurückgebundenen Haaren, ihr Jackett und dass eine Linie sie zweiteilt. Aha, eine Tischplatte. Die hellen Finger schieben sich auf die Platte, krumm erst wie Krallen, dann flach. Die Stehende hält den Tisch oder sich, sie presst und bewahrt die Reglosigkeit. Fast vibriert sie vor Anstrengung. Aber warum diese mysteriöse Erschaffung aus dem Dunkel? Was hat das mit der Entfaltung als Rednerin zu tun, deren Gesten Grandiosität behaupten?
„Dans l’engrenage“ verrätselt sich. Immer wieder baut es Szenen auf oder kleine Geschichten und lässt sie verschwinden. Schaltet ein, schaltet aus. So wirken die sieben Tänzerinnen und Tänzer wie Spielfiguren, und das Spiel ist kalt. Der Tanz auch, obwohl er sehr gekonnt und virtuos abgeliefert wird. Der Gewinn? Tosender Applaus des Publikums am Ende. Den hat die Choreographie mit einem Trick provoziert. Ein Knopfdruck. Geht’s also um Mechanismen und Kontrolle, anhand des Titels, der etwas wie Kettenreaktion meint? So war der Anfang auch bloß ein Machtspiel. Ihr schaut, wir dressieren euch.