Im Rahmen des Festivals TANZ NRW’19:
Uraufführung im Tanzhaus NRW
BODIES AND STRUCTURE
von Alexandra Waierstall in der “Arena”-Skulptur von Rita McBride
Nachteindrücke von Klaus Dilger
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Alexandra Waierstall’s „Bodies and Structure“ feierte im Rahmen von TANZ NRW ’19 im Grossen Saal des Tanzhaus NRW in Düsseldorf seine Uraufführung und markierte damit zugleich den Beginn einer Reihe von Premieren und Wiederentdeckungen.
Wiederentdeckung I
„Tanz NRW“, das sich über einen längeren Zeitraum hinweg aus dem „Meeting Neuer Tanz“, „Internationales Tanzfestival NRW“, „Tanzstrasse“ und aus der „Produzentenkonferenz NRW“ heraus entwickelt hat, kehrt nun erneut zur Präsentation von Uraufführungen zurück und verabschiedet sich damit ein Stück weit von dem Anspruch, die „besten Produktionen“ der letzten beiden Jahre zu präsentieren. Das ist gut so, aus vielerlei Gründen!
Stattdessen setzen die „Produzenten“, die genau betrachtet natürlich in Summe Ermöglicher oder Co-Produzenten sind, wie vor 24 Jahren beim Format „Meeting Neuer Tanz”, das vom Kultursekretariat Wuppertal initiiert wurde (damals schon Motor für Avantgardepositionen in der NRW Kultur), nun wieder auf neue Kreationen von NRW-Choreographen. die sich mit ihren zurückliegenden Arbeiten diesen Vertrauensvorschuss erworben haben (sollten).
Uraufführung und Premiere
Mit Waierstall’s Uraufführung eroberte auch erstmals die ebenso imposante, wie filigrane und sanfte Skulptur „Arena“, der bildenden Künstlerin Rita McBride, einen Bühnenraum. „Arena“ wurde 1997 für das Witte de With Center for Contemporary Art in Rotterdam produziert und In den darauffolgenden 20 Jahren weltweit in den wichtigsten Häusern der Bildenden Kunst ausgestellt.
Wie ein aufgeschnittener, unverplankter Schiffsrumpf erscheint die Skulptur im ersten Schimmern des feinen, vielschichtigen und sensiblen Lichtdesigns der Künstlerin Caty Olive. In ihm erwachen zwei Galionsfiguren zum Leben, die, so scheint es, auf den mächtigen Rippen des Rumpfes abgestellt wurden, um bei Fertigstellung als Schützende am Bug des Schiffes installiert zu werden. Wenig später zieht das Geräusch eines vielfüssigen Hüpfens und das Licht die Blicke auf einen Trupp grau-blau gekleideter Menschen. Sind es Schiffsbauer, Reisende, Verlorene, Flüchtende, oder sind es schlafende Engel, die sich wenig später traumwandlerisch sicher, manchmal hilfsbedürftig, machmal wie Ware im Regal liegend auf dem unfertigen Holzkonstrukt zurecht finden werden?
Es sind diese sich widersprechenden und doch stets zarten Vielschichtigkeiten, die Assoziationen zu Michel Foucaults Heterotopia-Konzept wachrufen und die Waierstall’s Arbeit auszeichnen in dieser Skulptur, die gleichzeitig an einen Schiffsrumpf erinnert und eine Arena darstellt.
In Foucault’s Konzept einer modernen Welt erschien das Schiff als der ideale Ort, ein Hier und gleichzeitig Dort, in der Jeder stets sein ganzes Sein und Hab und Gut mit sich führt, stets zum Austausch und Handel bereit. In Alexandra Waierstall’s „Bodies and Structure“ wird dieses Schiff wohl niemals zu Ende gebaut werden können, vielmehr wird es zur Metapher einer Welt, die sich in steter Auflösung und Rekonstruktion befindet, die durch die Energie, der wie Elektronen um einen unsichtbaren aber spürbaren Kern kreisenden Tänzerinnen und Tänzer zusammen gehalten wird. Diese Arbeit kennt kein Narrativ und erzählt doch das Leben, das in der Betrachtung eines jeden einzelnen Zuschauers seine Existenz erlangt.
Ein starker, assoziativer Auftakt, mit dem Alexandra Waierstall nach Ben J. Riepe’s „Geister Fragment XL“, tags zuvor im Kölner Schauspiel, das Festival TANZ NRW’19 im Düsseldorfer Tanzhaus NRW eröffnet hat.