ANNE TERESA DE KEERSMAEKER | SALVA SANCHIS

A LOVE SUPREME

ROSAS

Für ihr 2005 entstandenes Stück »A Love Supreme« haben sich Anne Teresa De Keersmaeker und Salva Sanchis von einem Klassiker der Jazzmusik inspirieren lassen. Das gleichnamige Album des Saxofonisten John Coltrane (1926 – 1967) erschien auf dem Höhepunkt seiner Karriere 1965 und zählt zu den besten Jazz-Alben überhaupt. So wie Coltrane sich darin dem Free Jazz öffnete, wagt sich die bisher in strengen Strukturen bewegende De Keersmaeker auf das Feld der Improvisation. Zusammen mit ihrem ehemaligen Tänzer Salva Sanchis als Mitchoreograf gelingt ihr die Verbindung von geschriebener, also festgelegter Choreografie und freiem, also spontanem Tanz.

Sanchis nutzt das Material des Stücks weiterhin für seine Seminare der Tanzakademie »p.a.r.t.s« und 2017, zwölf Jahre später, nehmen De Keersmaeker und Sanchis den Faden ebenfalls wieder auf, schreiben das Stück aus dem Repertoire von »Rosas« – wie im Jahr zuvor »Rain« aus 2001 – für eine neue Generation von Tänzern um. Coltranes Album ist eine Suite mit vier Sätzen, die einen durchdachten Aufbau mit Prolog und Finale hat.

Doch wie kann ein Tänzer improvisieren, wenn der Musiker schon improvisiert? De Keersmaeker und Sanchis haben es so beantwortet: Zunächst einmal ist jedem Instrument ein Tänzer zugeordnet. Und wie Grundbewegungen des Tanzes den Grundthemen der Musik entsprechen, variieren die Tänzer Schleifen und kurze Bewegungsmuster zur musikalischen Abfolge. Wenn Coltrane im ersten Satz mit drei Notengruppen spielt, ergeben sich daraus die tänzerischen Entsprechungen. Bei jeder Aufführung entdecken die Tänzer Neues: die Möglichkeiten sind endlos.