And the Winner is:
KÖLNER EHRENTHEATER-PREIS geht an Werner Meyer
Es war kein Geheimnis mehr – wie üblich wissen alle Interessierten in Köln schon ein paar Wochen vor dem “magischen” ersten Montag im Dezember, wer in dem jeweiligen Jahr den Ehrenpreis der SK Stiftung Kultur gewonnen hat. In der Jubiläumsausgabe dieser Kölner Institution, es ist die dreissigste Ausgabe, ging dieser Preis an Werner Meyer, nicht nur dafür, dass er seit vielen Jahren das Tanz- und Theatergeschehen der Stadt mit seinen wunderbaren Fotos sichtbar macht, sondern auch dafür, wie er das macht.
Sabine Hahn bringt das in ihrer Laudatio ganz gut auf den Punkt:
Laudatio Kölner Ehrentheaterpreis 2019 – Werner Meyer von Sabine Hahn, Mitglied der Ehrentheaterpreis-Jury aus den bisherigen EhrentheaterpreisträgerInnen Mit 12 Jahren hörte Werner Meyer zum ersten Mal Leonhard Cohen Songs of love and hate. Von diesem Moment an war ihm klar, wohin es ihn zog. Zu Menschen, die nicht konform, außerhalb der Gesellschaft stehen. Menschen für die Perfektion kein Maßstab ist. Die Reaktion seines Vaters, das sei aber ziemlich depressiv, war ihm Bestätigung und Anregung, bevor er wusste, was das Wort depressiv bedeutet. Es war um ihn geschehn. Beautiful Losers, Leonard Cohens zweiten, wilden, respektlosen Roman, erhielten er und ein Freund zensiert.
Ein besorgter Bibliothekar hatte sämtliche Worte und Beschreibungen, die ein zwölfjähriger noch nicht kennen soll, zu geklebt. Die beiden Jungs haben ihre Tonmartinspfeifen durchgestochen, geraucht auf einer Parkbank und haben das zensierte Exemplar verschlungen, alle zugeklebten Passagen freigelegt und die Worte, die ihnen vorenthalten werden sollten verschlungen und in sich aufgesaugt. Wie im Rausch. Leonard Cohen wurde ihm Orientierung und Freund. Er hat drei gängige Cohen Akkorde gelernt und daraus das Beste gemacht, was in diesem Alter bedeutet, dass am Lagerfeuer die Mädchen seinem traurigen Gesang lauschten. Improvisieren, das Beste daraus machen.
Drogen und Musik haben ihm schnell nicht mehr gereicht, mit 14 Jahren ist er zum ersten Mal von Schule und zu Hause weggelaufen, nach Frankreich, dann mit 17 nach Amerika, Florida, dort wurde er ausgewiesen, das nächste Ziel war Spanien. Die Sehnsucht nach Amerika blieb. Viel Sehnsucht, nach Weite, Freiheit und Bewegung und dabei doch im Grunde faul. Vielleicht ist es diese Mischung, die ihn bereits in frühen Jahren schwerelos erscheinen ließ, schwereloser als andere, nie bedrohlich. Das war und ist anziehend. Diese Wesensart ist Glück, so sieht er es selbst. Ich glaube, es ist noch mehr. Eine Bereitschaft- zu sehen und sich zurück zu nehmen.
Sein Wesen, er, bewirkt, dass Menschen sich öffnen und persönliche, innige Begegnungen entstehen. Er ist ein Betrachter, ein Zusammenführer, ein Verbinder, ein Raumlasser. Sanft, leise und zurückgezogen ist er gleichzeitig so präsent und vorne. Immer mit einer Wahrnehmung für die Leistung und den Kampf anderer. Und für den Augenblick. So hat er hier in Köln 25 Jahre, wie im Rausch gelebt, 25 Jahre ohne Alkohol, ohne Drogen ohne ein einziges Mal ausgehen, aber jeden Abend unterwegs, immer in anderen Welten unterwegs, hat er sich eingelassen, jedes Stück, dass er gesehen hat, hat er vorher gelesen, seine Liebe für den Tanz hat er entdeckt, doch – bei aller Nähe – blieb er stets Zuschauer, hat er reagiert auf das, was auf der Bühne geschieht. Nur das fest halten, den einen Augenblick.
Und immer geht etwas Neues los. Ohne Sicherheit, mit der ihm eigenen sanften Beharrlichkeit hat er auch diesen Traum umgesetzt. Sein großartiges Musiklabel Meyer – 2 – Records. Seine enge Zusammenarbeit mit hochkarätigen Musikern. Etwa Eric Anderson, Kevin Coyne, Jacky Liebezeit. Werner Meyer ist ein Mann, der sich entscheiden kann, für den Plan, für den Wechsel, für das Risiko und noch einmal: für den Augenblick. Er hatte sich vorgenommen, solle er 60 werden, etwas Neues zu beginnen. Niemand hätte ihn darauf festgenagelt, aber da ist sie wieder, die Sehnsucht nach Freiheit. Ohne Scheu. Zurückhaltend und ohne Scheu. Jetzt also, geht er nach Husum, in die graue Stadt am Meer. Näher an die Natur, an den Wind, an den Sturm, ans Rauschen der Bäume. Und da wird etwas entstehen, an der guten Luft und unter diesem Sternenhimmel. Bestimmt. Ausgelöst von einem Beautiful Loser. Schwerlos und anziehend. Nicht am Erfolg orientiert, sondern an der Begeisterung. Und das wird! Jünger als schwerelos kann man nicht sein.