Standing Ovations in der Fabrik Stahlbau Strang in Aachen bei schrit:tmacher

„Nowhere“ von Yin Yue und ihrer YY Dance Company

Nachtkritik von Natalie Broschat

Rick Takvorian, künstlerischer Leiter des schrit_tmacher Festivals, begrüßt persönlich das Publikum, doch diesmal sieht man ihn nicht. Er hat sich aus Höflichkeit dazu entschieden, versteckt zu bleiben und will niemandem den Rücken zukehren. Denn die Zuschauenden und Gäste des Tanzstücks „Nowhere“ der Yin Yue Dance Company in der Fabrik Stahlbau Strang sind auf zwei Seiten der Bühne platziert.

Die chinesische Tänzerin und Choreografin Yin Yue, die in New York lebt und arbeitet, ist fast schon eine Stammgästin beim schrit_tmacher Festival. Vor ziemlich genau acht Jahren, bei der Ausgabe 2016, präsentierte sie hier ihre halbstündige Choreografie „Through the Fracture of Light“. 2018 war sie dann mit der Auftragsarbeit „Too soon to tell“ im Ludwig Forum Aachen zu erleben. 2019 eröffnete sie sogar das Hauptprogramm des Festivals in Aachen mit „The Edge of 30 Degrees“, bestehend aus dem 10-minütigen Duett „The Time Followed“, das sie mit ihrer langjährigen Tanzpartnerin und YYDC-Probenleiterin, Grace Whitworth, erarbeitete sowie den beiden jeweils halbstündigen Gruppenchoreografien „Stones and Kisses“ und „Citizen“. Auch „Citizen“ spielte bei der Premiere in New York mit der besonderen Raum- und Sitzanordnung, die „in a round“ genannt wird und im antiken Theater üblich war.

nowhere_Yin-Yue©TANZweb.org_Klaus-Dilger

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In der Fabrik Stahlbau Strang sitzen sich also zwei Publikumsgruppen gegenüber und warten gebannt auf den Beginn. „Nowhere“ startet mit der durchdringenden Percussion von Alexandre Dai Castaing, der auf der Bühne platziert ist und für die Musik verantwortlich zeichnet. Im Dunkeln bewegen sich die sechs Tänzer*innen auf die Bühne und positionieren sich unter der imposanten, kreisförmigen Lichtinstallation von Solomon Weisbard. Ganz ruhig und behutsam kommen sie in Bewegung. Geschmeidige und elegante Armbwegungen finden mit gymnastisch-akrobatischen Formen zusammen. Die Tänzer*innen sind in ihren weiten, erdfarbenen Kostümen von Christine Darch wunderbar für dieses ausholende Material gekleidet.

nowhere_Yin-Yue©TANZweb.org_Klaus-Dilger „Nowhere“ von Yin Yue und ihrer YY Dance Company Nachtkritik von Natalie Broschat Rick Takvorian, künstlerischer Leiter des schrit_tmacher Festivals, begrüßt persönlich das Publikum, doch diesmal sieht man ihn nicht. Er hat sich aus Höflichkeit dazu entschieden, versteckt zu bleiben und will niemandem den Rücken zukehren. Denn die Zuschauenden und Gäste des Tanzstücks „Nowhere“ der Yin Yue Dance Company in der Fabrik Stahlbau Strang sind auf zwei Seiten der Bühne platziert. Die chinesische Tänzerin und Choreografin Yin Yue, die in New York lebt und arbeitet, ist fast schon eine Stammgästin beim schrit_tmacher Festival. Vor ziemlich genau acht Jahren, bei der Ausgabe 2016, präsentierte sie hier ihre halbstündige Choreografie „Through the Fracture of Light“. 2018 war sie dann mit der Auftragsarbeit „Too soon to tell“ im Ludwig Forum Aachen zu erleben. 2019 eröffnete sie sogar das Hauptprogramm des Festivals in Aachen mit „The Edge of 30 Degrees“, bestehend aus dem 10-minütigen Duett „The Time Followed“, das sie mit ihrer langjährigen Tanzpartnerin und YYDC-Probenleiterin, Grace Whitworth, erarbeitete sowie den beiden jeweils halbstündigen Gruppenchoreografien „Stones and Kisses“ und „Citizen“. Auch „Citizen“ spielte bei der Premiere in New York mit der besonderen Raum- und Sitzanordnung, die „in a round“ genannt wird und im antiken Theater üblich war. In der Fabrik Stahlbau Strang sitzen sich also zwei Publikumsgruppen gegenüber und warten gebannt auf den Beginn. „Nowhere“ startet mit der durchdringenden Percussion von Alexandre Dai Castaing, der auf der Bühne platziert ist und für die Musik verantwortlich zeichnet. Im Dunkeln bewegen sich die sechs Tänzer*innen auf die Bühne und positionieren sich unter der imposanten, kreisförmigen Lichtinstallation von Solomon Weisbard. Ganz ruhig und behutsam kommen sie in Bewegung. Geschmeidige und elegante Armbwegungen finden mit gymnastisch-akrobatischen Formen zusammen. Die Tänzer*innen sind in ihren weiten, erdfarbenen Kostümen von Christine Darch wunderbar für dieses ausholende Material gekleidet. Die Gruppe untersucht in „Nowhere“ die Beziehungen zueinander; sei es als Paar, Freundeskreis oder familiäre Gruppe. Da es zu Reibungen und Meinungsverschiedenheiten kommen kann, ist man manchmal an chinesische Kampfkunst erinnert, wenn die Gruppe beispielsweise in großen Ausfallschritten mit gleichzeitig weit nach hinten gebeugtem Oberkörper danach sofort wieder in eine wippende Position kommt. Die bald acht Tänzer*innen lassen sich von den Trommeln antreiben und wechseln von synchronen Gruppenmomenten mit schneidenden Bewegungen in sanfte und intime Duette mit kreisenden Armen, federnden Beinen und dynamischen Hebungen. Yin Yue hat ihre eigene Bewegungssprache entwickelt, die sie FoCo-Technik nennt und die sich aus traditionell chinesischen und zeitgenössischem Bewegungsmaterial zusammensetzt. Für „Nowhere“ hat sie sehr, sehr viel Bewegungsmaterial kreiert. Das macht es teilweise etwas schwierig zu folgen und den Faden nicht zu verlieren, denn das Tanzstück entzieht sich auch wegen der Sitzanordnung einer zeitlich-räumlichen Orientierung. Es hat einige Längen, Schleifen und manche Bewegungsabläufe werden stellenweise eine Runde zu viel wiederholt. Ein paar Striche hätten dem Rhythmus des gesamten Stückes bestimmt gut getan. „Nowhere“ hat unglaublich starke Höhepunkte, beispielsweise wenn sich die Gruppe und der Tanz immer weiter antreiben, ihre Energien aufladen und zum beinahe militärisch anmutenden Trommeln kraftvoll entladen. „Nowhere“ hat auch natürliche Enden, wenn die Gruppe beispielsweise eine Episode abgeschlossen hat und zur Ruhe gefunden hat. Doch Yin Yue haben genau die Momente interessiert, in denen etwas oberflächlich Abgeschlossenes weitergeführt, ausdiskutiert und von einem nächsten Blickwinkel aus betrachtet werden kann.

nowhere_Yin-Yue©TANZweb.org_Klaus-Dilger

Die Gruppe untersucht in „Nowhere“ die Beziehungen zueinander; sei es als Paar, Freundeskreis oder familiäre Gruppe. Da es zu Reibungen und Meinungsverschiedenheiten kommen kann, ist man manchmal an chinesische Kampfkunst erinnert, wenn die Gruppe beispielsweise in großen Ausfallschritten mit gleichzeitig weit nach hinten gebeugtem Oberkörper danach sofort wieder in eine wippende Position kommt. Die bald acht Tänzer*innen lassen sich von den Trommeln antreiben und wechseln von synchronen Gruppenmomenten mit schneidenden Bewegungen in sanfte und intime Duette mit kreisenden Armen, federnden Beinen und dynamischen Hebungen.

Yin Yue hat ihre eigene Bewegungssprache entwickelt, die sie FoCo-Technik nennt und die sich aus traditionell chinesischen und zeitgenössischem Bewegungsmaterial zusammensetzt. Für „Nowhere“ hat sie sehr, sehr viel Bewegungsmaterial kreiert. Das macht es teilweise etwas schwierig zu folgen und den Faden nicht zu verlieren, denn das Tanzstück entzieht sich auch wegen der Sitzanordnung einer zeitlich-räumlichen Orientierung. Es hat einige Längen, Schleifen und manche Bewegungsabläufe werden stellenweise eine Runde zu viel wiederholt. Ein paar Striche hätten dem Rhythmus des gesamten Stückes bestimmt gut getan. „Nowhere“ hat unglaublich starke Höhepunkte, beispielsweise wenn sich die Gruppe und der Tanz immer weiter antreiben, ihre Energien aufladen und zum beinahe militärisch anmutenden Trommeln kraftvoll entladen. „Nowhere“ hat auch natürliche Enden, wenn die Gruppe beispielsweise eine Episode abgeschlossen hat und zur Ruhe gefunden hat. Doch Yin Yue haben  genau die Momente interessiert, in denen etwas oberflächlich Abgeschlossenes weitergeführt, ausdiskutiert und von einem nächsten Blickwinkel aus betrachtet werden kann.

nowhere_Yin-Yue©TANZweb.org_Klaus-Dilger

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