Feierten gestern Abend im Bonner Theater im Ballsaal Premiere:

Martina De Dominicis (IT) & Alberto Cissello (IT)

YET TO BE BORN

Hier unsere Video-Impressionen

weitere Aufführung am 7.Dezember ebenfalls um 20 Uhr

Konzept, Performance: Alberto Cissello, Martina De Dominicis // Musik, Komposition: Lorenzo Romano

Ein Stück, das Sogwirkung entwickelt: Martina De Dominicis erstes abendfüllendes Tanzstück, das sie zusammen mit Alberto Cissello im Zeitraum von zwei Jahren behutsam entwickelt hat. – Und das liegt nicht nur an der treibenden Komposition von Lorenzo Romano, die zumindest beim Rezensenten des Abends in dessen Herzrhythmus eingegriffen hat. – Wie kafkaeske Käfer liegen die beiden Protagonisten zu Beginn des Stückes auf den Rücken, als wollten sie begreifen, mit welch rasender Geschwindigkeit sie und wir durch das Weltall kreiseln.* Es ist, als wollten sie sich der Kräfte der Gravität bewusst werden und sich diese einverleiben, um nicht von  jedem der 440 Meter, mit der wir uns in jeder Sekunde drehen, ins Weltall geschleudert zu werden.

YET-TO-BE-BORN©TANZweb.org_Klaus-Dilger

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Nach und nach gewinnen sie den aufrechten Gang, um wie wild gewordene Foucaultsche Pendel durch den Raum zu kreiseln, die doch einer geheimen Bahn zu folgen scheinen. Auch das Lichtdesign von Boris Kahnert, das über weite Strecken in kaltem „Mondlicht“ gehalten ist (und die entsprechenden Filter grotesker Weise „daylight“ heissen),  scheint sich in diesen kosmischen Bahnen zu bewegen, die Lorenzo Romano mit seiner Komposition hörbar macht. Unsere Spiegelneuronen signalisieren eigene Erfahrungen dessen, was wir hier gerade miterleben. Dann ist plötzliches Dunkel und Tinnitus ähnliches Pfeifen geht in diesem „Dunkel“ direkt in den Kopf, ehe die beiden Protagonisten erstmals vereint und sich berührend in warmem Licht, zusammengekauert auf dem Boden, weit entfernt, auf- und zu verglühen beginnen.

Ein Tanzabend, der „Resonanz“ im Körper erzeugt und der nicht im Kopf räsoniert werden will. (Das versucht glücklicher Weise auch das Programmheft nicht.**)

Viel Applaus! Noch einmal heute Abend im Theater im Ballsaal Bonn. Beginn ist um 20 Uhr.

YET-TO-BE-BORN©TANZweb.org_Klaus-Dilger

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*Nur zum Bewusstsein: Die Erde dreht sich mit einer Geschwindigkeit von 1.670 Kilometern pro Stunde um sich selbst und auf ihrer Bahn um die Sonne bewegt sie sich mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 29,78 Kilometern pro Sekunde, also mit rund 107.000 Kilometern pro Stunde. Und das gesamte Sonnensystem dreht sich mit etwa 220 Kilometern pro Sekunde, also rund einer Million km/h um die Mitte unserer Galaxis, der Milchstraße.

**In YET TO BE BORN spielen Martina De Dominicis und Alberto Cissello mit der Wahrnehmung von Veränderung und der unsichtbaren Spannung, die dieser vorhergeht und folgt. Die Darsteller(-körper) sind reine Materie; Subjekte, die von einer irreversiblen Kraft durch ein System räumlicher Kurven angetrieben werden und einem endlosen Formwandel unterliegen. Bewegungen manifestieren und offenbaren sich, sterben, um etwas Neues zu gebären. YET TO BE BORN ist das erste abendfüllende Stück von Martina De Dominicis und Alberto Cissello. Martina De Dominicis ist seit 2016 kontinuierlich in Produktionen von CocoonDance zu sehen, so z.B. in „No Body but Me“, „Vis Motrix“ oder „Dream City“.

YET-TO-BE-BORN©TANZweb.org_Klaus-Dilger

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